Diabetes Krebs als Komplikation?

Autor: Maria Weiß

Einige Krebsentitäten wie Mammakarzinome scheinen direkt mit Adipositas und Typ-2-Diabetes assoziiert zu sein. Einige Krebsentitäten wie Mammakarzinome scheinen direkt mit Adipositas und Typ-2-Diabetes assoziiert zu sein. © iStock/Ozgu Arslan

Für viele Krebsentitäten ist gezeigt worden, dass Adipositas und Typ-2-Diabetes das Risiko deutlich erhöhen. Angepasste Vorsorgestrategien könnten daher sinnvoll sein.

Krebs ist heute die häufigste Todesursache bei Menschen mit Typ-2-Diabetes. Dies liege vor allem an der Abnahme der kardiovaskulären Mortalität, erklärte Prof. Dr. Wolfgang Rathmann vom Leibniz-Zentrum für Diabetesforschung an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Hier zahlt sich offensichtlich die Prävention aus. Auch die Krebsmortalität hat bei Diabetes-Erkrankten etwas abgenommen – allerdings weniger als in der Gesamtbevölkerung. Vor allem in entwickelten Ländern und Ost-Asien ist heute ein hoher Anteil der Krebsfälle auf Übergewicht und Typ-2-Diabetes zurückzuführen.

Krebs, Adipositas und Typ-2-Diabetes

Einige Krebsentitäten scheinen direkt mit Adipositas und Typ-2-Diabetes assoziiert zu sein. Dazu gehören Mamma- und Endometriumkarzinome, kolorektale Karzinome, Gallenblasenkrebs und sowie Pankreas- und Leberkarzinome, sagte Dr. Mauricio Berriel Diaz vom Helmholtz-Institut in München. Zahlreiche Faktoren wie direkte Wirkungen von Insulin und IGF1, Adipokinen wie Leptin und Adiponektin, chronische Inflammation und vermehrte Substrate für die schnell wachsenden Tumorzellen können hier zum verstärkten Tumorwachstum beitragen. Dabei ist nicht nur die Inzidenz bestimmter Krebsarten erhöht – auch die Aggressivität und Therapieresistenz nehmen zu. Es wird also Zeit, Krebserkrankungen zu der Liste möglicher Diabeteskomplikationen hinzuzufügen, meinte Prof. Rathmann.

Früherkennung kaum vorhanden

Leider setzt sich das Wissen um ein erhöhtes Krebsrisiko bisher noch kaum in angepasste Früherkennungsmaßnahmen um, wie Dr. Jekaterina Vasiljeva vom Gynäkologischen Krebszentrum am Vivantes-Klinikum am Urban in Berlin am Beispiel gynäkologischer Tumoren erläuterte. In den USA geht man inzwischen davon aus, dass bei Frauen etwa 55% der Krebsfälle zu den mit Übergewicht assoziierten Malignomen gehören. Mehr als die Hälfte der Endometriumkarzinome wird hier mit Übergewicht und Adipositas in Verbindung gebracht.

Für das Mamma- und Zervixkarzinom existieren Früherkennungsprogramme, die man Frauen mit Übergewicht und Diabetes besonders ans Herz legen sollte. Oft werden diese Untersuchungen aber nicht wahrgenommen und bei sehr adipösen Frauen kann die gynäkologische Untersuchung mit Spekulumeinstellung deutlich erschwert sein. Schon ein normaler gynäkologischer Stuhl ist zumeist nur für ein Gewicht von höchstens 110–120 kg ausgelegt.

Schwieriger ist die Situation beim Endometriumkarzinom, bei dem in der Allgemeinbevölkerung keine Senkung der Mortalität durch ein Screening belegt werden konnte. Spezifische Früherkennungsuntersuchungen z.B. mittels transvaginalem Ultraschall werden daher nicht empfohlen – auch nicht bei Risikofaktoren wie Lynch-Syndrom, Adipositas, Diabetes mellitus, Hormontherapie, metabolischem Syndrom oder PCO-Syndrom. Bei sehr adipösen Frauen (BMI ≥ 40–50 kg/m2 ), die sich noch vor der Menopause einer bariatrischen Operation unterzogen haben, konnte aber durchaus ein positiver Effekt von Früherkennungsmaßnahmen gezeigt werden. Dr. Vasiljeva empfahl, für unter 50-jährige Frauen mit übermäßigem Körpergewicht entsprechende Vorsorgeuntersuchungen zu erarbeiten und zu validieren.

Beim Diabetes besonders hohes Risiko für Darmkrebs

Auch bei der Darmkrebsvorsorge sollte möglicherweise nachgearbeitet werden, wie Prof. Dr. Jürgen F. Riemann von der Stiftung „LebensBlicke – Früherkennung Darmkrebs“ erklärte. Die Diabetesprävalenz bei Menschen mit Kolonkarzinom liegt in Deutschland bei 18,5 %, beim Rektumkarzinom sind es sogar 38 %. Besonders bei jungen Menschen mit Diabetes (unter 50 Jahren) ist das Risiko für kolorektale Karzinome deutlich erhöht. Prof. Riemann plädierte daher dafür, auch diese als Risikogruppe ähnlich wie Patient*innen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen einzustufen und entsprechende Vorsorgestrategien zu erarbeiten. Auch eine Herabsetzung des Alters für die Darmkrebsvorsorge auf 45 Jahre wäre aus seiner Sicht v.a. für Männer sinnvoll.

Kongressbericht: Diabetes Kongress 2022