Abwarten als neue Option beim Spontanpneumothorax?
Beim Legen einer Pneumothorax-Drainage kommt es nicht selten zu Organverletzungen, Blutungen und Infektionen. Außerdem müssen viele Patienten stationär behandelt werden. Diese Nebenwirkungen wollen Wissenschaftler aus Australien und Neuseeland den Patienten ersparen. Deshalb führten sie eine randomisierte kontrollierte Studie durch. Aufgenommen wurden Patienten im Alter zwischen 14 und 50 Jahren, die einen ersten mittelschweren bis schweren unilateralen Spontanpneumothorax erlitten hatten.
154 Personen wurden auf die interventionelle Therapie randomisiert, 162 erhielten eine konservative Behandlung. Von Letzteren mussten sich allerdings 25 (15,4 %) dann doch einer Intervention unterziehen, so die Autoren um Professor Dr. Simon G. A. Brown vom Royal Perth Hospital in Perth.
Primärer Endpunkt war die Reexpansion der Lunge innerhalb von acht Wochen. Dieses Ziel erreichten mit Intervention 98,5 % der Patienten, mit der abwartenden Strategie gelang dies in immerhin 94,4 % der Fälle. Damit schien die Nichtunterlegenheit des beobachtenden Vorgehens gesichert.
Intervention ist in 85 % der Fälle nicht notwendig
Ein weniger günstiges Ergebnis erbrachte die Sensitivitätsanalyse, bei der Patienten mit fehlenden Daten als Therapieversager eingestuft wurden. Mit Intervention kam es laut dieser Berechnung in 93,5 % der Fälle zu einer pulmonalen Reexpansion, unter konservativer Behandlung nur in 82,5 %. Das entsprach einer Risiko-Differenz von 11 Prozentpunkten. Die Kriterien für eine Nichtunterlegenheit waren somit nicht mehr erfüllt, erklären die Autoren.
Aufgrund dieser statistischen Unsicherheiten stufen die Autoren die Evidenz für eine Nichtunterlegenheit des abwartenden Vorgehens als mäßig ein. Sie betonen aber, dass durch die konservative Therapie im Sinne eines Abwartens 85 % der Patienten eine invasive Intervention erspart werden konnte.
Allerdings kam es unter der konservativen Strategie seltener zu ernsten Nebenwirkungen oder einem erneuten Pneumothorax, die Patienten verbrachten weniger Zeit im Krankenhaus und hatten weniger Fehltage im Job. Auch die Operationsrate war bei ihnen geringer als unter denjenigen Patienten, die eine Drainage erhalten hatten.
Quelle: Brown SGA et al. N Engl J Med 2020; 382: 405-414; DOI: 10.1056/NEJMoa1910775