Asymptomatische schwere Aortenstenose tödlicher als gedacht
Noch immer wird darüber diskutiert, ob ein Klappenersatz bei Patienten mit asymptomatischer schwerer Aortenstenose Vorteile bringt. Befürworter argumentieren, dass jeder zweite Betroffene innerhalb von zwei Jahren letztlich doch symptomatisch wird und dass währenddessen ohne den Eingriff ein unnötiges Risiko für plötzlichen Tod und Herzinsuffizienz hingenommen wird. Vertreter der konservativen Vorgehensweise meinen, die Gefahren der Operation schränken ihren potenziellen Nutzen ein, und viele Patienten würden auch ohne Intervention nicht symptomatisch werden.
Beide Ansichten basieren jedoch hauptsächlich auf Beobachtungsstudien mit kleinen Fallzahlen. Um die Vorteile der Intervention besser gegen die Risiken abwägen zu können, braucht man aber einen umfassenderen Blick auf den natürlichen Verlauf der Erkrankung. Eine internationale Autorengruppe hat deshalb eine Metaanalyse von 29 Studien mit über 4000 Patienten durchgeführt, bei der fast 12 000 Jahre an Beobachtungszeit zusammenkamen.
Die Mortalität der konservativ behandelten schweren asymptomatischen Aortenstenose betrug der Auswertung zufolge 4,8 % pro Jahr. Aus kardialer Ursache starben 3 %, speziell an Herzinsuffizienz 2 %. Einen plötzlichen Herztod erlitten 1,1 %. Eine Indikation für einen Aortenklappenersatz ergab sich im Follow-up bei 18,1 % der Kranken, 18,5 % entwickelten Symptome. Bei 19,2 % wurde der Eingriff letztlich durchgeführt.
Tatsächlich war die Gesamtmortalität bei früher Intervention signifikant um 62 % geringer als bei konservativer Therapie. Als Indikatoren für eine schlechte Prognose erwiesen sich ein hoher Schweregrad der Aortenstenose, die Low-flow-Stenose, linksventrikuläre Schädigung und Atherosklerose-Risikofaktoren.
Patienten mit schwerer asymptomatischer Aortenstenose sind demnach durch vielerlei kardiale Probleme gefährdet und nicht ausschließlich durch den plötzlichen Herztod. Das Mortalitätsrisiko bei diesen Personen könnte deshalb bisher unterschätzt worden sein, meinen die Autoren. Die Entscheidung für eine frühe Intervention sollte ihrer Meinung nach nicht nur mit Blick auf den plötzlichen Tod getroffen werden. Bezieht man andere Faktoren in die Abschätzung ein, steigt der Anteil derer, die von einer frühen Intervention profitieren.
Quelle: Gahl B et al. JAMA Cardiol 2020; 5: 1-11; DOI: 10.1001/jamacardio.2020.2497