Bewegung Demenzprävention ist nicht nur Kopfsache
Bedingt durch den demographischen Wandel werden Erkrankungen des neurodegenerativen Spektrums wie Alzheimer und Parkinson langfristig weiter zunehmen. Schon jetzt leiden weltweit etwa 50 Millionen Menschen an einer Demenz– darunter 75 % an Alzheimer. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Zahl voraussichtlich verdreifachen, berichten Dr. Patrick Müller vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Magdeburg und Kollegen.
Trotz 30 Jahren intensiver Forschung existiere bislang kein Medikament, das eine Demenz verhindern, ihr Auftreten hinauszögern, ihr Voranschreiten verlangsamen oder ihre Symptome lindern könnte, so die Experten weiter. Dennoch gibt es Möglichkeiten, dem geistigen Verfall, der unweigerlich zum Verlust des selbstständigen und selbstbestimmten Lebens führt, vorzubeugen: Schlüssel hierzu ist ein gesunder Lebensstil mit sowohl ausreichend physischer als auch geistiger Beweglichkeit.
Insbesondere Sport ist in der Prävention von Bedeutung
Wissenschaftler führen etwa ein Drittel der globalen Alzheimerfälle auf potenziell modifizierbare Risikofaktoren wie eine geringe Bildung, Bewegungsarmut, Depressionen, Übergewicht, Hypertonie, Rauchen und Diabetes mellitus zurück, erläutern die Experten. Insbesondere dem Sport kommt ihrer Einschätzung zufolge eine große präventive Bedeutung zu: Die körperliche Aktivität hat nicht nur positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System, den Stoffwechsel oder Krebserkrankungen, sondern fördert auch die Gesundheit des Gehirns, meinen sie.
Obwohl die wissenschaftliche Datenlage noch sehr heterogen ist und teils widersprüchliche Studienergebnisse existieren, gehen sie davon aus, dass körperliches Training die neuronale Plastizität fördert. Verschiedene zelluläre und molekulare Mechanismen (Laktat, Wachstumsfaktoren, Myokine, Zytokine), strukturelle und funktionelle zerebrale Veränderungen (z.B. Volumen der grauen Substanz, zerebraler Blutfluss) sowie Verhaltensveränderungen (z.B. Schlaf, Stress, Motivation) scheinen hierfür verantwortlich zu sein. Die dadurch hervorgerufenen positiven Effekte betreffen beispielsweise die Gedächtnisleistung, die Exekutivfunktionen und die Aufmerksamkeit.
Abschließend benennen die Forscher die Zutaten für ein gesundes Altern: Ein aktiver Lebensstil mit einer Kombination aus Ausdauer, Kraft- und Koordinationstraining ist dabei ihrer Einschätzung nach ebenso wichtig wie das lebenslange Erlernen neuer Bewegungsmuster, wie es beispielsweise beim Jonglieren oder Tanzen geschieht. Auch der Kopf will immer etwas zu tun haben: Soziale Kontakte, Reisen und kognitive Übungen halten ebenfalls geistig fit. Natürlich gehört zum „Healthy Aging“ aber auch die Minimierung der klassischen Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck und Rauchen.
Quelle: Müller P et al. Dtsch Z Sportmed 2021; 72: 327-334; DOI: 10.5960/dzsm.2021.506