Frauen mit KHK haben oft ausgeprägte Anginasymptome
Bei der koronaren Herzkrankheit (KHK) hängen Angina-pectoris-Symptomatik, Schweregrad der Koronarstenose und Ischämiebefunde miteinander zusammen – wenngleich bei Männern und Frauen in unterschiedlicher Weise. Wiederholt weisen Studiendaten darauf hin, dass Patientinnen im Vergleich zu männlichen Herzkranken eher über schwere Anginasymptome berichten, häufig aber weniger objektive Herzbefunde wie z.B. Stenosen und Ischämien zeigen.
Weniger Ischämie, mehr Symptome
Diese Beobachtungen bestätigt eine Post-hoc-Analyse der ISCHEMIA-Studie. Für diese Untersuchung unterzogen sich die Teilnehmer zunächst einem kardialen Stresstest, mit dem die Schwere der Myokardischämie erfasst wurde. Den Stenosegrad ermittelten die Kardiologen per CT-Koronarangiographie, die Anginasymptome gaben die Patienten anhand eines Fragenkatalogs an. Diese Basisdaten von 5179 Herzkranken – mehr als drei Viertel davon waren Männer – nutzten die Kollegen nun für die geschlechtsspezifische Auswertung der Zusammenhänge zwischen Stresstest, den Ergebnissen aus der Koronarangiographie und der Symptomschwere.
Demnach erzielten die Frauen zwar einen höheren Punktewert bei den Anginasymptomen. Im Vergleich zu ihren männlichen Leidensgenossen zeigten sie aber eine weniger ausgeprägte Ischämie. Zudem berichteten die Patientinnen über häufigere Angina-Attacken, unabhängig von den objektiven KHK-Befunden. Auch die Diagnose einer nicht-obstruktiven KHK erhielten Frauen deutlich häufiger. Das heißt, sie hatten zwar sowohl Angina-pectoris-Symptome als auch im Stresstest objektivierbare Ischämien. In der Kardio-CT-Bildgebung fanden sich allerdings keine flusslimitierenden Stenosen.
Auslöser für die Angina-Symptome dieser eher „weiblichen“, nicht-obstruktiven KHK könnten eine mikrovaskuläre Koronarerkrankung oder durch psychischen Stress ausgelöste Koronarspasmen sein, diskutieren die Autoren. Möglicherweise liegt bei Frauen auch die Wahrnehmungs- und Berichtsschwelle für Herzerkrankungen niedriger.
Studienteilnehmer waren bisher überwiegend Männer
Insgesamt bestehen in der komplexen Interaktion zwischen Anginasymptomen, Ischämiestress und Atherosklerose also nachweislich Unterschiede zwischen den Geschlechtern, so das Fazit der Kollegen. Nun müsse man die Auswirkungen einer geschlechtsspezifischen Diagnostik und der unterschiedlichen Behandlung von Männern und Frauen untersuchen. Bisherige Arbeiten zum Thema seien überwiegend mit der Einschlussdiagnose obstruktive KHK durchgeführt worden, schreiben die Autoren. Dadurch habe man regelmäßig mehr männliche als weibliche Herzpatienten berücksichtigt.
Quelle: Reynolds HR et al. JAMA Cardiol 2020; DOI: 10.1001/jamacardio.2020.0822