Hautkrebsscreening: Künstliche Intelligenz könnte Patienten für Dermatoskopie vorselektieren
Wie viele Nävi haben Sie schon fotografiert und untersucht, weil der Patient fand, dass ein „Leberfleck irgendwie bedenklich aussieht“? Und wie viele Patienten kamen zu spät in Behandlung, weil sie den Gedanken an ein Melanom lieber ganz schnell beiseiteschoben, statt rechtzeitig einen Termin zu vereinbaren? In der Dermatologie können selbstlernende Screening-Algorithmen durchaus von Vorteil sein, schreibt Dr. Philipp Tschandl aus Wien. Vor allem wenn sie nicht beim Facharzt zum Einsatz kommen, sondern beim Hausarzt oder bei Laien.
KI wird mit 1,1 Millionen Bildausschnitten trainiert
Wissenschaftler um Dr. Seung S. Han von der dermatologischen Klinik in Seoul haben einen Algorithmus entwickelt, der Hautkrebs identifizieren kann. Das besondere an dem System, das auf einem künstlichen neuronalen Netzwerk basiert: Ein herkömmliches Foto z.B. vom Gesicht soll für das Screening ausreichen.
Nachdem die Künstliche Intelligenz anhand von 180.000 klinischen Fotos und mehr als 1,1 Millionen Bildausschnitten „gelernt“ hatte, Tumoren zu erkennen, wurde das System mit 2844 Porträtaufnahmen von 673 Personen validiert. Dieser Bildsatz enthielt Fotografien von Tumorpatienten (185 mit malignen und 305 mit benignen Neoplasien) und 183 Hautgesunden. Die Sensitivität des Systems lag bei 77 %, die Spezifität bei 91 %.
Es sieht nur, was es kennt
Restrisiko für falsch-positive Befunde bleibt
Dem flächendeckenden Einsatz einer autonom arbeitenden KI steht er allerdings trotz der guten Studienergebnisse skeptisch gegenüber, von zukünftigen Fragestellungen bezüglich Haftung und Selbstbestimmungsrecht des Patienten ganz zu schweigen. Auch die Entwickler selbst betonen das Risiko für falsch-positive Befunde. Dieses ist zum Großteil der Tatsache geschuldet, dass in den Krankenhausdatenbanken primär maligne oder prämaligne Tumoren dokumentiert sind. Deshalb seien gutartige Neoplasien und andere benigne Läsionen in der „Lernphase“ ihrer Studie unterrepräsentiert gewesen. Solche Strukturen würde das System derzeit im Zweifelsfall als bösartig einstufen.Quellen:
1. Tschandl P. JAMA Dermatol 2019; DOI: 10.1001/jamadermatol.2019.3360
2. Han SS et al. JAMA Dermatol 2019; DOI: 10.1001/jamadermatol.2019.3807