Jeder zwanzigste HIV-Patient mit Feigwarzen entwickelt ein Analkarzinom
Nahezu jeder sexuell aktive Erwachsene kommt im Lauf seines Lebens mit humanen Papillomaviren (HPV) in Kontakt. Diese Infektionen gelten gemeinhin als harmlos und bilden sich oft spontan zurück. Einige dieser Viren allerdings verursachen anogenitale Warzen – wegen ihrer Form auch als Feigwarzen bezeichnet –, die Jahre später zu Plattenepithelkarzinomen unter anderem von Zervix, Penis, Vagina und Anus führen können.
Die Zahl von Analkarzinomen nimmt derzeit zu, und zwar stärker als die Inzidenz vieler anderer Malignome. Als Risikofaktoren für diese Tumoren gilt unter anderem ein unzureichend arbeitendes Immunsystem – Patienten mit HIV-Infektion bilden demnach eine Risikogruppe.
Antiretrovirale Therapie ohne Einfluss auf Condylombildung
Dr. Justin Arnold von der George Washington University School of Medicine and Health Sciences in Washington und seine Kollegen haben den Verlauf der HPV-Infektionen bei diesen Patienten über einige Jahre hinweg verfolgt. Die Wissenschaftler nahmen zwischen Januar 2011 und Mai 2017 mehr als 6500 HIV-Infizierte in ihre Auswertung auf, etwa drei Viertel davon waren Männer. Zunächst ermittelten die Forscher, wie viele Patienten im Studienzeitraum Anogenitalwarzen entwickelten. Zum anderen bestimmten sie, wie häufig Analkarzinome auftraten.
Bei 383 (5,9 %) fanden sich früher oder später anogenitale Warzen. Auffallend war, dass es sich dabei eher um jüngere Männer handelte, die Sex mit Männern hatten und bei denen der Nadir der CD4-positiven Zellen deutlich niedriger lag als bei den Männern ohne die Warzen. Die Dauer der HIV-Infektion, eine hochaktive antiretrovirale Therapie und Nikotinkonsum (der sich in früheren Studien verdächtig gemacht hatte) zeigten dagegen keinen Einfluss darauf, ob die Warzen auftraten oder nicht.
In Laufe der Studie diagnostizierten die Ärzte bei fast jedem zwanzigsten Patienten mit Feigwarzen (4,4 %) ein Analkarzinom. Unter den Warzenfreien waren es drei von Tausend. Als die Forscher die oben genannten Störfaktoren berücksichtigten, zeichnete sich ein auf mehr als das Zwölffache erhöhtes Risiko für ein anales Karzinom ab, wenn Anogenitalwarzen vorgelegen hatten.
HIV-Positive regelmäßig onkologisch untersuchen
Die behandelnden Ärzte sollten ihre Patienten also entsprechend beraten, schließen die Wissenschaftler. Zudem plädieren sie für eine entsprechende regelmäßige Tumorvorsorge bei HIV-Positiven im Sinne eines Screenings, analog zum Zervixkarzinom bei den Frauen.
Quelle: Arnold JD et al. JAMA Dermatology 2021; DOI: 10.1001/jamadermatol.2020.5252