Konvulsiv oder depressiv – epileptische Anfälle richtig einordnen
Mit der Anamnese hat man wohl das wichtigste Werkzeug an der Hand, um einen fraglichen epileptischen Hintergrund bei einer Bewusstlosigkeit abzuklären. Ist der Patient wieder wach, kann er selbst viel zur Aufklärung beitragen, betonte Professor Dr. Christian G. Bien vom Epilepsie-Zentrum Bethel, Krankenhaus Mara in Bielefeld. „War es das erste Ereignis? Was hat er mitbekommen? Nimmt er Medikamente oder Drogen?“, nannte er die entscheidenden Fragen.
Zeugen können wichtige Hinweise geben
Möglicherweise haben Zeugen Zuckungen beobachtet, einen starren Blick, Nesteln oder Schmatzen. Konvulsionen sprechen für tonisch-klonische Anfälle, Stürze für tonisch-atone. Automatismen und Starren deuten auf Temporallappenattacken hin.
Wichtige Differenzialdiagnosen sind psychogene Anfälle und Synkopen. Psychogene Anfälle dauern länger als 10 Minuten. Es dominieren arrhythmische Bewegungen, die Augen sind geschlossen. Die Symptomatik fluktuiert, lässt sich aber modifizieren.
Oft ist die Überweisung ins Epilepsiezentrum sinnvoll
Synkopen gehen Prodromi voraus (Schwindel, Blässe, „die Sinne schwinden“). Oft gibt es Auslöser wie langes Stehen, Schmerzen oder Ekel vor etwas. Die Orientierung kehrt in weniger als 30 Sekunden zurück. Kommt der Patient noch bewusstlos in der Klinik an, besteht der Verdacht auf einen Status epilepticus. Beim Absence-Status starren Betroffene z.B. auf ein Buch, ohne eine Zeile zu lesen.
In der Notaufnahme erfolgt die klassische Diagnostik mit Labor, EKG und Bildgebung. Ist aus der Vorgeschichte kein Krampfleiden bekannt, sollte die Überweisung in ein Epilepsiezentrum erfolgen. Gegebenenfalls empfiehlt sich auch eine kardiologische Vorstellung zur Synkopenabklärung.
Quelle: ANIM* 2020
* Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin