Mit Cannabis geht es Schmerzpatienten eher schlechter als ohne
Ärzte und Patienten versprechen sich einiges von Cannabis sativa. Besonders groß sind die Erwartungen in der Schmerztherapie. Die Ergebnisse einer jüngst veröffentlichten prospekiven Kohortenstudie könnten diese Hoffnungen jedoch rasch in Rauch aufgehen lassen. Ihnen zufolge scheinen Pflanzendrogen aus Cannabis chronische Schmerzen nämlich nicht so wirksam zu lindern wie vielfach angenommen.
Die 1514 Teilnehmer der Untersuchung1 litten im Durchschnitt zehn Jahre unter nicht krebsbedingten Schmerzen und wurden seit durchschnittlich vier Jahren mit etwa 75 mg/Tag oralen Morphinäquivalenten behandelt. Das Team um Dr. Gabrielle Campbell vom National Drug and Alcohol Research Centre, University of New South Wales in Sydney, ging der Frage nach, wie sich Hanfdrogen auf die Schmerzen der Betroffenen, ihren Alltag und den Opioidbedarf auswirkten.
Jeder Vierte hat sich Hanf(-produkte) besorgt
Nach vier Jahren gab knapp ein Viertel der Patienten im Alter von rund 60 Jahren an, bereits Präparate aus der Hanfpflanze zur Schmerzlinderung genutzt zu haben. Das Interesse an der vermeintlichen Alternative zu den ärztlich verordneten Opioiden hatte sich in dieser Zeit fast verdoppelt (60 % vs. 33 %).
Unabhängig davon, ob sie Cannabis selten oder nahezu täglich konsumierten, berichteten die Anwender aber von mehr Schmerzen (Relatives Risiko, RR: 1,14 bzw. 1,17), mehr schmerzbedingten Beeinträchtigungen (RR: 1,21 bzw. 1,14) und von mehr Ängsten (RR: 1,07 bzw. 1,10) als diejenigen, die sich die Droge nicht beschafft hatten. Auch gaben die Cannabisverbraucher an, schlechter mit ihren Schmerzen zurechtgekommen zu sein (RR: 0,97 bzw. 0,98).
Epileptikern hilft's offenbar
* WHO Cannabidiol (CBD) Critical Review Report. Geneva: World Health Organisation, 2018
Form und Häufigkeit des Konsums in Studie ungewiss
Doch auch sie dämpfen die Erwartungen sowohl an die Pflanzendroge als auch an die Cannabinoide als isolierte Wirkstoffe. Mit Hinweis auf die Beobachtungsstudie von Dr. Campbell und Kollegen geben sie aber auch zu bedenken, dass deren Ergebnisse auf Patientenbefragungen beruhen und daher vorsichtig interpretiert werden sollten. Weder lasse sich sagen, wie oft die Schmerzpatienten die vermeintliche Opioidalternative tatsächlich eingenommen noch welche Cannabissorten oder -zubereitungen sie konsumiert hatten. Beides aber habe maßgeblichen Einfluss auf den möglichen analgetischen Effekt.1. Campbell G et al. Lancet Public Health 2018; 3: e341-e350
2. Hamilton I, Gage SH. A.a.O.: e309-e310