Cannabis: Mit dem THC-Gehalt steigt das Psychoserisiko
Mit der zunehmenden Legalisierung von Marihuana in vielen Ländern könnte auch das Risiko davon ausgelöster Psychosen gesundheitspolitisch an Bedeutung gewinnen. Laut der Fall-Kontroll-Studie von Psychiaterin Dr. Marta Di Forti vom Institute for Psychiatry am King’s College in London und ihren Kollegen litten in elf europäischen Regionen sowie in Brasilien zwischen 2010 und 2015 901 Patienten erstmalig unter einer psychotischen Episode. Die Autoren verglichen die Daten mit 1237 Kontrollen, um zu bewerten, inwiefern der Konsum von Cannabis eine Rolle spielte.
Jeder dritte Psychosepatient hat zuvor täglich gekifft
Personen, die täglich Cannabis rauchten, hatten demnach ein etwa dreifach gesteigertes Risiko, eine Psychose zu entwickeln, als solche, die noch nie am Joint gezogen haben. Wurde täglich eine hochpotente Form mit einem THC-Gehalt ≥ 10 % konsumiert, stieg die Wahrscheinlichkeit sogar auf knapp das Fünffache. Etwa 30 % der Psychosepatienten gaben einen täglichen Konsum im Vorfeld an, im Vergleich zu 6,8 % der Kontrollen. Daraus errechneten die Forscher, dass etwa jeder fünfte Fall einer neu aufgetretenen Psychose mit Cannabis zusammenhängt und sich verhindern ließe.
Die hochpotente Variante stellte dabei den größten unabhängigen Prädiktor für eine Psychose dar. Vor allem in Amsterdam und London zeigte dies Auswirkungen, dort war das Risiko für die Erkrankung 5- bzw. 9-fach erhöht. Denn hier ist dieser starke Stoff besonders weit verbreitet. In den Niederlanden wird die Droge zum Teil mit einem THC-Gehalt von bis zu 67 % angeboten, in London werden 94 % des Straßenmarktes von potenten Produkten (THC-Gehalt im Mittel 14 %) beherrscht. In Amsterdam ließen sich 43,8 % der erstmalig aufgetretenen Psychosen mit Cannabis in Zusammenhang bringen, davon die Hälfte mit hochpotentem Stoff. Tägliches Kiffen und der Gebrauch von Produkten mit besonders hohem THC-Gehalt bergen somit ein besonders hohes Psychoserisiko.
Mit zunehmender Legalisierung wird dieses Problem noch größer werden, so die Einschätzung der Autoren. Eine wichtige Aufgabe wird es daher in Zukunft sein, herauszufinden, welche Menschen bei täglichem Konsum besonders gefährdet sind und mit welchen Strategien man dagegen arbeiten kann.
Quelle: Marta Di Forti et al. Lancet Psychiatry 2019; 6: 427-436; DOI: 10.1016/S2215-0366(19)30048-3