Psychische Belastung: Geschlechtsspezifische Unterschiede bei Diabetes erkannt
Frauen wird meist gesundheitsbewussteres Verhalten attestiert als Männern. Doch beim Diabetes kommt dies offenbar nicht zum Tragen, wie Professor Dr. Bernhard Kulzer, Psychologe an der Diabetes-Klinik Bad Mergentheim, berichtete: „In der Pubertät haben Mädchen mit Diabetes eine schlechtere Stoffwechseleinstellung, und später dann auch eine höhere diabetesbezogene Morbidität und Mortalität.“ Es liege nahe, dass es auch bei psychischen Störungen Unterschiede gibt.
Allgemein sei zu beobachten, dass Frauen eher zu nach innen gerichteten psychischen Störungen wie Depressionen, Angsterkrankungen, Essstörungen, schizoaffektiven Störungen oder Medikamentenabhängigkeit neigen. Männer hingegen zeigten eher nach außen gerichtete Störungen wie Drogenmissbrauch, Persönlichkeitsstörungen, Störungen der Impulskontrolle, Gewaltdelikte, Autismus oder ADHS.
Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede wirkten sich auch auf den Umgang mit diabetesbezogenen psychischen Belastungen aus. So hätten Frauen ein um nahezu Faktor 4 erhöhtes Risiko, vermehrt Diabetes-Distress zu entwickeln als Männer, so der Referent. Dies gelte für alle Subkategorien – emotionale, arztbezogene Belastung, therapiebezogene und interpersonale Belastung. Doch es bleibt nicht immer bei einer diffusen Befindlichkeit wie „Distress“.
Einer Studie zufolge, in der Prävalenz und Prädiktoren von Depression und Angst bei Typ-1-Diabetes untersucht wurden, treten bei Frauen mehr Depressionen und Angststörungen auf. Dies korrespondiert mit Ergebnissen einer schwedischen Registerstudie, wonach bei Frauen mit Diabetes häufiger psychiatrische Diagnosen gestellt werden.
Prof. Kulzer gab zu bedenken, dass es sich bei den zitierten Studien um Korrelationsstudien ohne Nachweis der Kausalität handelt. Als Ursachen kämen hormonelle Aspekte und andere Strategien bei der Krankheitsbewältigung infrage.
Kongressbericht: Diabetes Kongress 2019