Balanitis
Unter einer Balanitis versteht man die Entzündung der Glans penis – ist auch die Vorhaut betroffen, spricht man von Balanoposthitis. Die Ursachen der Balanitis sind vielfältig. Zwischen Vorhaut und Eichel befindet sich das Smegma, das bei mangelnder Hygiene einen guten Nährboden für verschiedene Keime wie Pilze, Bakterien und Viren bilden kann. Bei Jungen und Männern mit einer Phimose tritt die Balanitis daher gehäuft auf.
Spezifische infektiöse Formen der Balanitis sind:
- Candida-Balanitis
- Balanitis bei sexuell übertragbaren Erkrankungen (SIT) – z.B. durch Syphilis, Gonokokken, Chlamydien oder Herpes simplex
- Virale Balanitis
Ursachen einer nicht-infektiösen Balanitis sind:
- mechanische Irritation (zumeist durch Sexualpraktiken, Reiben von enger Kleidung)
- irritatives Ekzem (z.B. bei übertriebener Hygiene, durch scharfe Waschsubstanzen)
- allergische Kontaktekzeme (z.B. durch Seifen, Ammoniak in Windeln, Latex von Kondomen, meist im Rahmen einer Atopie)
- Balanitis im Rahmen von Arzneimittelexanthemen (Penis häufig mitbetroffen)
- Balanitis circinata (Psoriasiforme Dermatitis mit erosiven Plaques auf der Eichel im Rahmen einer reaktiven Arthritis bzw. Reiter-Syndroms)
- Balanoposthitis chronica circumscripta plasmacellularis (Zoon-Balanitis): chronische, lokal begrenzte Entzündung von Eichel und Präputium unklarer Genese, vor allem bei älteren Männern, häufig in Kombination mit Harninkontinenz
- Balanitis gangraenosa (Manifestation der Fournier’schen Gangrän an der Eichel, kann unbehandelt zum Organverlust führen)
- Balanitis xerotica obliterans (Manifestation des Lichen sclerosus et atrophicans an der Glans penis mit Meatusstenose oder Einengung der Fossa navicularis)
- Balanitis im Rahmen anderer Erkrankungen (z.B. Psoriasis, M. Behçet, Lichen planus, Erythema exsudativum multiforme, Balanitis diabetica, Pemphigus vulgaris, vernarbendes Pemphigoid)
ICD10-Code: N48.1
- Rötung
- Schwellung
- lokaler Hautauschlag des distalen Penisanteils mit Juckreiz und Schmerzen
- Dyspareunie
- Schmerzen bei sexuellen Aktivitäten
- Unfähigkeit, die Vorhaut zurückziehen (nur bei erwachsenen Männern!)
- Abfluss aus der Eichel/Vorhaut
Bei der Untersuchung findet man eine Rötung, Schwellung und Überwärmung der Glans penis und des Präputiums.
Bei allergischen Reaktionen (z.B. Arzneimittelexanthem) zeigen sich scharf begrenzte, gerötete bis blasige Herde, ggf. auch Ulzera.
Balanitis circinata: erosive Plaques auf der Glans penis
In der Regel ist der typische klinische Befund ausreichend für die Anamnese. Bei fraglicher Anamnese sollte zusätzlich ein Abstrich entnommen und eine Kulturuntersuchung auf Candida-Spezies und Bakterien erfolgen.
Bei Candida-Infektionen und bisher nicht bekanntem Diabetes kann eine Blutzuckerbestimmung im Urin sinnvoll sein.
Bei Geschwüren im Bereich der Eichel zusätzlich:
- Abstrich und Kulturuntersuchung auf HSV
- Untersuchung auf Treponema pallidum: Dunkelfeldmikroskopie, Serologie und PCR
- Chlamydia trachomatis-PCR
Bei therapierefraktärer Balanitis oder verdächtig aussehendem Befund sollte eine Biopsie zum Ausschluss eines Karzinoms entnommen werden.
Wichtige Differenzialdiagnosen sind:
- Psoriasis
- M. Behçet
- Lichen planus
- Erythema exsudativum multiforme
- Kranzfurchenlymphangitis (durch häufigen GV oder Balanitis entstehende strangartige Induration unter dem inneren Präputialblatt)
- Erythroplasie Queyrat (Schleimhautform des Morbus Bowen, Präkanzerose des Plattenepithelkarzinoms)
- Peniskarzinom
Bei leichter Entzündung können Umschläge oder Sitzbäder mit Gerbstoffen ausreichen. Gerbstoffe wirken adstringierend, gerbend, schorfbildend, antientzündlich, antipruriginös, schmerzlindernd sowie indirekt auch antibakteriell und antimykotisch.
Bei stärkeren Entzündungen empfiehlt sich je nach Erreger eine zusätzliche lokale Antibiotika- oder Antimykotika-Therapie – ggf. auch mit Zusatz von Kortikosteroiden. Zusätzlich kann ggf. eine Schmerztherapie erforderlich sein (z.B. Ibuprofen, Paracetamol).
Allgemeinmaßnahmen:
- regelmäßige Körperhygiene, vorzugsweise Duschen (Waschen von Glans und Vorhaut mit Wasser und/oder pflanzlichen Ölen, bspw. Olivenöl)
- gute Händehygiene
- getrennte Handtücher und Hygieneartikel
- regelmäßiges Wechseln der (Unter-)Wäsche
- Vermeidung mechanischer Reize, z.B. durch zu enge Hosen, Manipulation)
Eine systemische Antibiotika-Therapie ist nur sehr selten erforderlich (z.B. bei Fieber und Lymphknotenschwellungen).
Bei einer symptomatischen Balanitis im Rahmen anderer Erkrankungen und bei spezischen Infektionen (z.B. Herpes genitalis, Gonorrhoe, Syphilis, Chlamydien-Infektion) steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund.
Balanitis xerotica obliterans
- meist Abheilung nach Zirkumzision
- bei Rezidiv oder Befall der beschnittenen Glans Anwendung von topischen Steroiden über mehrere Monate
- topische Anwendung der Calcineurininhibitoren Tacrolimus oder Pimecrolimus als Therapiealternative (Off-Label-Anwendung)
- bei Meatusstenose Meatusplastik mit Mundschleimhaut-Grafting
Bei rezidivierenden Balanitiden und Phimose kann eine Zirkumzision sinnvoll sein.
Zur Prävention ist eine ausreichende Hygiene im Bereich der Eichel zu empfehlen.
Bei einer Phimose kann die Zirkumzision der Balanitis vorbeugen.
International Union Against Sexually Transmitted Infections:
European guideline for the management of balanoposthi
S2k-Leitlinie: Infektionen mit Chlamydia trachomatis
Verschenken Sie kein Honorar: Das „Gebühren-Handbuch digital“ ist die ideale Weiterentwicklung der Printausgabe des bekannten „Medical Tribune Gebühren-Handbuchs“ - statt 2000 Buchseiten der schnelle digitale Zugriff.
Was Ihnen die Abrechnung leichter macht:
- die immer aktuelle Fassung von EBM und GOÄ (Einheitlicher Bewertungsmaßstab und Gebührenordnung für Ärzte)
- Tipps und Experten-Kommentare zur Honorarabrechnung (EBM/GOÄ), graphisch aufbereitet und leicht verständlich
- Kommentare von Kollegen lesen und selbst kommentieren
- persönliche Notizen und Lesezeichen setzen
Fortbildungen
Keine Fortbildung für diesen Fachbereich gefunden
Alle FortbildungenDiese Informationen dienen ausschließlich der Aus- und Weiterbildung von Angehörigen und Studenten der medizinischen Fachkreise (z.B. Ärzte) und enthalten nur allgemeine Hinweise. Sie dürfen nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden und sind kein Ersatz für eine ärztliche Beratung oder Behandlung. Die jeweiligen Autoren haben die Inhalte nach bestem Wissen gepflegt. Dennoch sollten Sie die Informationen stets kritisch prüfen und mit zusätzlichen Quellen vergleichen. Die Autoren und die Betreiber von medical-tribune.de übernehmen keine Haftung für Schäden, die durch nicht-kontrollierte Anwendung von Empfehlungen und Inhalten entstehen. Beiträge, die Angaben zum Einsatz und zur Dosierung von Medikamenten machen, sind die persönliche Einschätzung der Autoren. Sie ersetzen nicht die Empfehlungen des Herstellers oder des behandelnden Arztes oder Apothekers.