Die chronische Pankreatitis ist nicht nur Bauchsache

Dr. Anne Benckendorff

Der Verdacht auf eine chronische Pankreatitis lässt sich anhand multipler Verkalkungen der Pankreasgänge bestätigen, die in der kontrastmittelgestützten CT sofort ins Auge fallen. Der Verdacht auf eine chronische Pankreatitis lässt sich anhand multipler Verkalkungen der Pankreasgänge bestätigen, die in der kontrastmittelgestützten CT sofort ins Auge fallen. © wikimedia/Hellerhoff

Therapie­indikationen bei der chronischen Pankreatitis sind Schmerzen, Komplikationen und funktionelle Insuffizienz. Neben der medikamentösen, endoskopischen und/oder chirurgischen Behandlung sind bei vielen Betroffenen auch psychotherapeutische Ansätze wichtig.

Eine chronische Pankreatitis entwickelt sich in der Regel aus rezidivierenden akuten Pankrea­titiden, typischerweise innerhalb von drei bis fünf Jahren nach der initialen Episode. In der Bildgebung zeigen sich Kalzifikationen der Pan­kreasgänge, duktale Dilatationen und/oder eine parenchymale Atrophie. Die Risikofaktoren umfassen Alkohol (bei 42–77 % der Betroffenen), Rauchen (> 60 %) und genetische Mutationen (10 %).

Etwa zwei Drittel der Patienten sind Männer

In den USA liegt die jährliche Inzidenz bei fünf bis acht Betroffenen pro 100.000 Einwohner, die Prävalenz zwischen 42 und 73 pro 100.000. Zwei Drittel der Betroffenen sind männlich. Zu den möglichen Komplikationen einer chronischen Pankreatitis gehören Pseudozysten, Strikturen der Gallengänge sowie des Duodenums und Venenthrombosen im Splanchnikusgebiet. Bei der Pankreasinsuffizienz unterscheidet man eine endokrine und eine exokrine Form. Eine chronische Pankreatitis geht zudem mit einem erhöhten Risiko für ein Karzinom einher.

Rund 70 % der Betroffenen leiden unter zum Teil starken behandlungsbedürftigen Schmerzen, die erhebliche negative Auswirkungen auf das Leben der Patienten haben können, schreiben Dr. Santhi­ Swaroop­ Vege­ von der Mayo Clinic in Rochester und Dr. ­Suresh Chari­ von der University of Texas in Houston. Neben einer sorgfältigen Anamnese sollten im Rahmen der Diagnostik die Schmerzen näher charakterisiert, eine Bildgebung gemacht und die endo- und exokrine Funktion des Pankreas sowie der Ernährungsstatus erfasst werden.

Ein Verlauf mit schmerzfreien Episoden und intermittierenden Schmerzattacken wird als Typ A definiert. Chronische Schmerzen mit wiederkehrenden schweren Attacken gelten als Typ B, der je nach nötigem Opioideinsatz weiter unterteilt wird: B1 (keine Opioide), B2 (Opioide ≤ 6 Monate), B3 (Opioide ≥ 6 Monate). Bei kontinuierlichen, mit Opioiden behandelten Schmerzen über mindestens sechs Monate ohne intermittierende Schmerzattacken, akute Pankreatitiden oder Komplikationen spricht man von Typ C.

Steatorrhö bewirkt Mikronährstoffmangel

Eine zentrale Komponente der Diagnostik ist die Bildgebung. Am weitesten verbreitet ist die CT, aber auch die Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) und der endoskopische Ultraschall kommen zum Einsatz. Eine eingeschränkte exokrine Pankreasfunktion manifestiert sich mitunter mit einer Stea­torrhö, die einen Gewichtsverlust und Mikronährstoffmängel nach sich ziehen kann. Liegen keine klassischen Symptome einer Steatorrhö vor, sollten die fäkale Elastase und die Spiegel von fettlöslichen Vitaminen und anderen Mikronährstoffen im Serum (Vitamin A, E, Zink, Magnesium, und Vitamin B12) gemessen werden. Auch eine Fettmessung im Stuhl über 48 bis 72 Stunden kann Klarheit bringen.

Für den Verlauf der Erkrankung und der damit verbunden Schmerzen spielen nach Ansicht der Autoren darüber hinaus verschiedene psychosoziale Parameter eine entscheidende Rolle und sollten daher systematisch erfasst werden:

  • Wie hoch ist die funktionelle Einschränkung des Betroffenen durch die Erkrankung zu Hause, im Beruf bzw. in der Aus-/Weiterbildung und im Sozialleben?
  • Liegt eine Sucht (Tabak, Alkohol, Medikamente) vor?
  • Wie groß ist die Resilienz des Patienten?
  • Wie motiviert ist der Patient, seinen Lebensstil zu ändern?
  • Bekommt der Betroffene ausreichend soziale Unterstützung?

Die Basis für eine erfolgreiche Behandlung ist nach Ansicht der Autoren ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis. Patienten sollten über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt werden. Bei Schmerzen vom Typ A erfolgt neben der Gabe von Analgetika typischerweise eine endoskopische oder chirurgische Intervention.

Bei schmerzfreien Episoden über ein Jahr kann eventuell darauf verzichtet werden. Indiziert ist ein Eingriff beim Typ B, beim Typ C dagegen aufgrund der überwiegend zentralen Genese wenig erfolgversprechend.

Bei Typ B sollten bei Opioid­bedarf zusätzliche medizinische, verhaltensbasierte und psychosoziale Interventionen erwogen werden. Bei Typ C sollten diese Methoden sogar in den Mittelpunkt des Behandlungskonzepts gestellt werden. Infrage kommen Suchttherapie, kognitive Verhaltenstherapie, eine integrierte Schmerztherapie, Stress­management- und Resilienztrainings sowie Unterstützung durch einen Sozialarbeiter.

Neuromodulatoren wie Prega­balin, Gabapentin und selektive Adrenalin- oder Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren ebenso wie die Antioxidantien Vitamin A, C und E, Selen und Methionin scheinen einen positiven Effekt auf die Schmerzen zu haben, wie zum Teil durch randomisierte Studien belegt ist. Eine Behandlung mit Pankreas­enzymen kann Verdauungssymptome wie Blähungen, Krämpfe und Darm­geräusche ­lindern.

Quelle: Vege SS, Chari ST. N Engl J Med 2022; 386: 869-878;  DOI: 10.1056/NEJMcp1809396

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Der Verdacht auf eine chronische Pankreatitis lässt sich anhand multipler Verkalkungen der Pankreasgänge bestätigen, die in der kontrastmittelgestützten CT sofort ins Auge fallen. Der Verdacht auf eine chronische Pankreatitis lässt sich anhand multipler Verkalkungen der Pankreasgänge bestätigen, die in der kontrastmittelgestützten CT sofort ins Auge fallen. © wikimedia/Hellerhoff