Ein klarer Fall von Reisediarrhoe bringt junge Frau in Lebensgefahr

Michael Brendler

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Blutiger Durchfall, Fieber und Unwohlsein: Damit kommt die 18-Jährige in Nicaragua in die Klinik. Als neurologische Symptome auftreten, wird sie nach Deutschland geholt. Dort entpuppt sich die vermeintliche Reisediarrhoe als akuter Schub einer Colitis ulcerosa.

Die junge Frau arbeitete in Nicaragua als freiwillige Helferin für ein Sozialprojekt, die Durchfallerkrankung hatte drei Wochen vor der Einlieferung ins dortige Krankenhaus begonnen. Doch egal, welches Antibiotikum die Ärzte vor Ort einsetzten, keines schien zu helfen. Als der Gang der Patientin plötzlich unsicher wurde und sie über Kopfschmerzen und Doppelbilder klagte, holten sie die Angehörigen nach Deutschland zurück.

MRT, CT-Angiografie und Sonografie offenbarten im Münchner Klinikum Bogenhausen einen dramatischen Befund, wie Dr. Tobias Mühling von der Abteilung für Gastroenterologie als einer der behandelnden Ärzte berichtet. Es fand sich eine Sinusvenenthrombose einschließlich intrazerebraler Stauungsblutungen. Auch in der rechten Herzkammer stieß man auf mehrere Blutgerinnsel. Die Koloskopie zeigte eine Pankolitis mt Ulzerationen und Blutungsneigung.

Dank der Histologie konnten sich die Mediziner bald einen Reim auf die ungewöhnlichen Befunde machen: Sie belegte den akuten Schub einer bis dahin unerkannten Colitis ulcerosa. Der Sinusvenenverschluss gehört zwar zu einer seltenen Komorbidität, man sollte ihn aber bei einem entzündlichen Darmleiden im Kopf haben, warnen die Autoren. Denn sowohl die Colitis ulcerosa als auch der Morbus Crohn gehen mit einer deutlich erhöhten Thromboseneigung einher; im Vergleich zur Normalbevölkerung liegt sie um das Dreifache höher. Im aktiven Stadium steigt die Gefahr noch einmal deutlich an, dasselbe gilt bei besonders ausgedehntem Befund.

Endotheliale Dysfunktion als mögliche Ursache

Die Gründe für dieses Phänomen sind unbekannt, diskutiert wird unter anderem eine entzündungsbedingte endotheliale Dysfunktion im Intestinaltrakt. Die deutsche S3-Leitlinie zum Morbus Crohn empfiehlt deshalb auch bei allen hospitalisierten Patienten im Akutstadium die antithrombotische Prophylaxe mit Heparin. An diese Maßnahme werde in Deutschland aber noch zu selten gedacht, so die Autoren.

Der Patientin konnten die Kollegen mit der Antikoagulation, initial mit Heparin, später mit Phenprocoumon, gut helfen. Die Sinusvenenthrombose begann sich darunter aufzulösen. Die Colitis flaute unter oralen Steroiden ab und ließ sich dank Mesalazin stabilisieren. Als einziges neurologisches Symptom behielt die junge Frau einen Gesichtsfeldausfall im unteren linken Quadranten zurück – der sie aber kaum stört. 

Quelle: Mühling T et al. Z.Gastroenterol 2017; 55: 379-382

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