Mit CPAP gegen Alzheimerdemenz

Manuela Arand

Schlafapnoe-Patienten, die eine CPAP-Maske verwenden, können damit nicht nur besser schlafen und atmen, sondern auch ihre Kognition erhalten. Schlafapnoe-Patienten, die eine CPAP-Maske verwenden, können damit nicht nur besser schlafen und atmen, sondern auch ihre Kognition erhalten. © iStock/nicolesy

Die obstruktive Schlafapnoe soll die Alzheimer-Krankheit begünstigen – das scheint zunächst nicht gerade einleuchtend. Vaskuläre Veränderungen mit nachfolgender Demenz, ja – aber Amyloidablagerungen im ZNS? Die These stimmt aber. Nun ist zu klären, ob die Therapie der OSA der Alzheimer-Entwicklung vorbeugen kann.

Die Alzheimer-Demenz ist klinisch gekennzeichnet durch den fortschreitenden Verlust von Gedächtnis und Exekutivfunktionen, wobei anfangs vor allem neue Gedächtnisinhalte betroffen sind. Erst später schwindet auch das Langzeitgedächtnis. Neuropathologisch finden sich Beta-Amyloid­plaques und Tau-Neurofibrillen, die sich beide in Liquor und Blut nachweisen lassen.

Dass schlafbezogene Atemstörungen (SBA) das Nachlassen der Kognition beschleunigen, geht aus Daten der ADNI1-Kohorten hervor. Diese bestehen aus knapp 2.500 Menschen, die über mehrere Jahre so engmaschig beobachtet werden, dass sich der genaue Zeitpunkt des Übergangs von normaler Kognition zu milder kognitiver Beeinträchtigung (MCI) sowie die Progression der Gedächtnisstörungen bestimmen lassen. Von 767 Teilnehmern liegen Fragebogen zur Schlafqualität vor, in denen auch nach Schlafapnoe gefragt wird. Antwortet der Teilnehmer mit ja, folgt die Frage, ob er zur Behandlung eine CPAP-Maske benutzt.

MCI macht sich elf Jahre früher bemerkbar

Bei Teilnehmern mit SBA begann der Verlust an Hirnleistung früher und er verlief steiler, berichtete Professor Dr. Andrew W. Varga, The Mount Sinai Integrative Sleep Center, New York. Das Durchschnittsalter, in dem eine MCI festgestellt wurde, betrug in der SBA-Kohorte 72,6 Jahre und damit elf Jahre weniger als bei denjenigen ohne SBA. Es gab zwar nur wenige CPAP-Nutzer in der Studie, aber deren Kognition zeigte den gleichen Verlauf wie die von Probanden ohne SBA.

Prof. Vargas Arbeitsgruppe untersucht in der Longitudinalstudie SARA2 208 ältere Menschen, die bei Einschluss keine kognitiven Defizite aufwiesen. Durchgeführt werden u.a. Polysomnographie, Amyloid-PET, weitere Bildgebungsverfahren, Liquor- und Bluttests. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer wies eine OSA auf, bei 17 % war sie moderat bis schwer ausgeprägt.

Mehr Amyloiddepots bei schwerer OSA

Etwa jeder zweite Teilnehmer erlaubte 2,5 Jahre nach der Erstuntersuchung eine zweite Lumbalpunktion, 34 Individuen unterzogen sich einer zweiten Amyloid-PET. Es stellte sich heraus, dass eine schwere OSA zu Beginn mit einer stärkeren Abnahme von löslichem Beta-Amyloid-42 (Aβ42) im Liquor korrelierte. Diese Abnahme ist ein Zeichen dafür, dass sich zunehmend unlösliches Aβ42 im ZNS ablagert, so Prof. Varga. Tatsächlich zeigte die PET bei diesen Teilnehmern größere Amyloiddepots im Kortex. Alles zusammen legt nahe, dass das obstruktive Schlafapnoesyndrom das Risiko erhöht, eine MCI zu entwickeln und an Alzheimer-Demenz zu erkranken.

Zur Frage, welche Mechanismen OSA und Alzheimer-Demenz verbinden, gibt es viele Hypothesen. Im Zentrum stehen die intermittierende Hypoxämie und die gestörte Schlafarchitektur. Sie werden für unspezifische Prozesse wie Verminderung von Neurogenese und synaptischer Plastizität, Mikroinfarkte und Schlaganfälle, Veränderungen in Hirnstruktur und zerebralen Netzwerken verantwortlich gemacht, die zum kognitiven Abbau beitragen. Zugleich fördern sie die alzheimertypische Akkumulation von Neurotoxinen wie Amyloid und hyperphosphoryliertem Tau.

Der Amyloidgehalt in Liquor und Gehirn schwankt mit dem Schlaf-Wach-Rhythmus, möglicherweise induziert durch Unterschiede in der synaptischen Aktivität, erklärte Professor Dr. Craig L. Phillips, Universität Sydney: Im Wachzustand produzieren die Neuronen mehr, im Schlaf weniger Aβ. Im Tierversuch lassen sich Amyloidplaques durch chronischen Schlafmangel erzeugen.

Offenbar braucht das ZNS Schlaf, um den Amyloid- und Tau-„Abfall“ auszuspülen. Daran beteiligt sind spezielle paravaskuläre Pumpen, welche die zerebrale Reinigungsflüssigkeit – in Anlehnung an das lymphatische System „Glymphe“ genannt – befördern. Deren Funktion wird durch Botenstoffe, aber auch durch Blutdruckschwankungen gesteuert.

Schlafstörung verstärkt wohl Negativeffekt

Bei Hypertonie ist sie reduziert, was zum erhöhten Demenzrisiko beitragen könnte. Die Alzheimer-Demenz geht ohnehin mit schweren Schlafstörungen einher. Kommt eine OSA hinzu, wird die Pathogenese womöglich beschleunigt.

Leitet sich daraus eine Behandlungsindikation für die OSA bei dementen Patienten ab? Unabhängig davon, ob man die Situation unter medizinischen oder ethischen Aspekten beurteilt – für Schlafmediziner Professor Dr. Nikolaus Netzer, Universität Innsbruck, lautet die Antwort grundsätzlich „ja“. Ethisch betrachtet ist klar, dass niemand benachteiligt werden darf aufgrund von Gesundheitszustand, Alter oder Behinderung. Unter medizinischen Aspekten sollte die Therapie helfen, die Kognition zu verbessern oder zumindest zu stabilisieren. Nur dann ist zu rechtfertigen, einen älteren Menschen mit eingeschränkter Hirnleistung einer nächtlichen Beatmung mittels CPAP3 zu unterziehen.

Regelmäßiges Follow-up ist Pflicht

Aktuelle Daten zeigen, dass OSA-Patienten, die adhärent ihre CPAP-Maske nutzen, seltener eine MCI oder Alzheimer-Demenz entwickeln und der kognitive Abbau bei ihnen wesentlich langsamer verläuft. Das Dilemma dieser Studien liege darin, dass die Kohorten meistens zu klein waren, um valide Schlüsse zu ziehen, bemängelte Prof. Netzer.

Ein anderes Dilemma besteht im richtigen Zeitpunkt für die Intervention. Ist die Demenz voll ausgeprägt, wird CPAP nicht mehr viel ausrichten. Zudem leidet mit rückläufiger Kognition oft die Compliance – beim Betroffenen selbst wie bei pflegenden Angehörigen. Es kommt also darauf an, gefährdete Patienten früh zu erkennen und zu behandeln. Ein regelmäßiges Follow-up ist Pflicht, um die Therapie ggf. wieder zu beenden, wenn sie dem Patienten nicht mehr nutzt.

1. Alzheimer Disease Neuroimaging Initiative
2. Sleep, Aging and Risiko for Alzheimer’s
3. Continuous positive airway pressure

Quelle: ATS 2021 International Conference*

* American Thoracic Society; Online-Veranstaltung

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Schlafapnoe-Patienten, die eine CPAP-Maske verwenden, können damit nicht nur besser schlafen und atmen, sondern auch ihre Kognition erhalten. Schlafapnoe-Patienten, die eine CPAP-Maske verwenden, können damit nicht nur besser schlafen und atmen, sondern auch ihre Kognition erhalten. © iStock/nicolesy