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Neue Hirnstimulationsverfahren lindern Depressionen schonender

Das älteste und bisher auch wirksamste Hirnstimulationsverfahren ist die Elektrokrampftherapie (EKT), sagte Dr. Sarah Kayser von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz. Für die Wirksamkeit der induzierten Krampfanfälle bei behandlungsresistenten Depressionen – heute unter Narkose und Muskelrelaxanzien – gibt es eine hohe Evidenz. Die Effektstärke liegt bei 0,9 – das ist deutlich mehr als alles, was die antidepressive Medizin ansonsten zu bieten hat.
Persistierende retrograde Amnesie möglich
Nach den Leitlinien sollte die EKT bei schweren, vital bedrohlichen unipolaren Depressionen oder bei Therapieresistenz in Betracht gezogen werden. Zwei erfolglose medikamentöse Behandlungsversuche reichen in der Regel für die Indikation aus, sagte die Psychiaterin. Auch bei schweren depressiven Episoden im Rahmen bipolarer Störungen kann die EKT zum Einsatz kommen, dafür liegt aber weniger Evidenz vor. Bei gegebener Narkosefähigkeit gibt es keine absoluten Kontraindikationen – Vorsicht ist bei erhöhtem Hirndruck und kürzlich überstandenem Herzinfarkt oder Schlaganfall geboten.
Trotz der hohen Wirksamkeit und Sicherheit führt die EKT in Deutschland eher ein Schattendasein: Nur bei 1,5 % der depressiven stationären Patienten wird eine EKT durchgeführt und nur 43 % der psychiatrischen Kliniken bieten das Verfahren überhaupt an.
Ein Grund für die mangelnde Akzeptanz könnte die Angst vor kognitiven Nebenwirkungen sein. Postiktale Unruhe- und Verwirrtheitszustände gehen zwar meist wieder vorbei – in einigen Fällen kommt es aber zu einer persistierenden retrograden Amnesie, die vor allem das autobiographische Gedächtnis betrifft.
In der Akutphase 15–30 Sitzungen à 30 Minuten nötig
Eine besser verträgliche Alternative bietet in Zukunft vielleicht die Magnetkonvulsionstherapie (MKT). Hierbei wird ebenfalls in Narkose ein Krampfanfall ausgelöst, der aber eine geringere Stromausbreitung hat und dadurch zu weniger Nebenwirkungen führt. Die Aufwachphase mit Verwirrtheit fällt deutlich kürzer aus und auch kognitive Langzeitfolgen sind bisher nicht beschrieben. Die Responserate liegt in kleineren, zumeist offenen Studien zwischen 33 und 69 %. Prädiktoren für einen Therapieerfolg scheinen nach bisherigen Studien das Fehlen von Anhedonie und Angststörungen zu sein. Wie bei der EKT kommt es bei 50 % der Patienten nach einem halben Jahr zu einem Rezidiv. Eine Zulassung besitzt die Methode noch nicht.
Eine weitere Möglichkeit, das Hirn depressiver Patienten zu stimulieren, stellt die transkranielle Stimulation dar, wie Professor Dr. Frank Padberg von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München berichtete. Die hochfrequente repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) des dorsolateralen präfrontalen Kortex hat bereits Eingang in die Leitlinien gefunden und kann bei Patienten eingesetzt werden, die primär nicht auf eine Pharmakotherapie ansprechen. Die Therapie gestaltet sich aber sehr aufwändig und es gibt nur wenig Plätze dafür.
Nach bisherigen Protokollen muss die Stimulation in der Akutphase über 3–6 Wochen täglich (5 x pro Woche) über etwa eine halbe Stunde erfolgen – danach erfolgt eine längere Erhaltungstherapie. Durch eine „Tetra Burst-Stimulation“ (TBS) lässt sich die Behandlungszeit pro Sitzung aber möglicherweise in Zukunft auf drei Minuten verkürzen, berichtete der Psychiater. Trotz der niedrigeren Intensität und geringeren Belastung der Kranken scheint die Effektivität laut einer ersten Studie vergleichbar.
Besser als Placebo, aber nicht so gut wie Escitalopram
Muss man leider dazu sagen: Nicht selber ausprobieren!
Wesentlich einfacher in der Anwendung: die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS, siehe Kasten). Dringend abzuraten sei aber von einer „Do-it-yourself-Therapie“, wie sie heute bereits im Internet für alle möglichen Zwecke angeboten wird. Immerhin handele es sich um ein aktives neurophysiologisches Verfahren und keiner weiß, welche Folgen bei unkontrollierter Anwendung drohen, warnte der Kollege.Quelle: DGPPN* Kongress 2018
* Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde
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