Neue Substanzen gegen Graft-versus-Host-Erkrankung getestet

Josef Gulden

Wenn der Körper gegen das Transplantat ankämpft, kann es gefährlich werden. Wenn der Körper gegen das Transplantat ankämpft, kann es gefährlich werden. © k_yu – stock.adobe.com

Die Graft-versus-Host-Reaktion ist eine gefürchtete Folge allogener Stammzelltransplantationen. In zwei frühen klinischen Studien wurden nun neue Behandlungsstrategien erfolgreich getestet – eine davon mit therapeutischer, die andere mit prophylaktischer Wirkung.

Graft-versus-Host-Reaktionen treten häufig nach einer allogenen Stammzelltransplantation (alloHCT) auf – sowohl in akuter (aGvHD) als auch chronischer Form (cGvHD). Tatsächlich stellt die cGvHD, von der bis zu 70 % der alloHCT-Patienten betroffen sind, langfristig die Hauptursache nicht-rezidivbedingter Todesfälle nach Transplantationen dar.

Die klassischen Behandlungsoptionen, etwa mit Kortikosteroiden oder Immunsuppressiva, sind nur begrenzt erfolgreich. Ein besseres Verständnis der immunologischen Grundlagen führte in den vergangenen Jahren zu einer Reihe neuer klinischer Ansätze. Die Ergebnisse zweier solcher Strategien wurden nun publiziert.

Rund zwei Drittel sprechen auf ROCK2-Inhibitor an

Für die Erste prüften Wissenschaftler um Professor Dr. ­Madan ­Jagasia, Vanderbilt University Medical Center, Nashville, den ROCK2*-Inhibitor Belumosudil. Durch die Hemmung der Proteinkinase reduzierten sich schon in Tiermodellen entzündlicher Lungen- und Hauterkrankungen fibrotische Reaktionen signifikant.

Die Rolle von ROCK2 bei der Graft-versus-Host-Erkrankung

Die Pathophysiologie der cGvHD besteht aus drei Phasen: Einer frühen durch Gewebeschäden ausgelösten Entzündung folgt eine Dysregulation des adaptiven Immunsystems und schließlich eine chronische Inflammation mit aberranten, fibrotischen Reparaturprozessen in den betroffenen Geweben. Die Rho-assoziierte Proteinkinase ROCK2 ist an den fibrotischen Vorgängen beteiligt und wird in einem von Th17-Helferzellen dominierten Milieu aktiviert. Die selektive Hemmung des Enzyms stellt die normale Immunhomöostase wieder her und verschiebt das Gleichgewicht der T-Lymphozyten im Gewebe zugunsten von regulatorischen T-Zellen.

Die Forscher behandelten in einer Phase-2a-Dosisfindungsstudie 54 Patienten mit der Substanz. Die Teilnehmer hatten aufgrund einer cGvHD bereits bis zu drei Therapien erhalten. Etwa drei Viertel der Betroffenen litten unter einer schweren cGvHD bzw. waren refraktär gegenüber der letzten Behandlung. Bei rund der Hälfte waren mindes­tens vier Organe beteiligt bzw. sie hatten bereits mindestens drei Therapielinien hinter sich. Im Rahmen der Studie erhielten die Erkrankten Belumosudil entweder in einer Dosierung von 200 mg einmal bzw. zweimal täglich oder 400 mg einmal am Tag. Nach einer medianen Follow-up-Zeit von 29 Monaten betrugen die Gesamtansprechraten in den drei Dosisgruppen 65 %, 69 % und 62 % mit ebenfalls ähnlichen 95%-Konfidenzintervallen. Die klinisch bedeutsamen Remissionen hielten median 35 Wochen an und gingen mit Verbesserungen der Lebensqualität und einer Verringerung der Kortikosteroid-Dosis einher; 19 % der Patienten konnten die Steroide komplett absetzen. Nach sechs Monaten waren 76 % ohne ein Therapieversagen am Leben, nach einem Jahr betrug die Rate noch 47 %. Die Autoren bezifferten das Gesamtüberleben nach zwei Jahren mit 82 %. Die Teilnehmer vertrugen die Behandlung gut. Es gab keine unerwarteten Nebenwirkungen und Zytopenien traten selten auf. Auch war das Risiko für Infektionen – u.a. mit dem Cytomegalovirus oder Reaktivierungen davon – nicht erhöht. Insgesamt, so das Fazit der Forscher, ergibt sich das Bild einer gut verträglichen und hochwirksamen Therapie, die auch die Lebensqualität verbessert. Belumosudil erhielt aufgrund dieser Daten von der FDA eine „Breakthrough Therapy Designation“. Derzeit läuft eine weitere, randomisierte und zulassungsrelevante Phase-2-Studie, in der die einmal tägliche gegen die zweimal tägliche Gabe von 200 mg getestet wird. 

Antikörper wirkt protektiv gegen akute GvHD

Wissenschaftler suchen auch nach neuen Behandlungsoptionen für die aGvHD. Diese Form der Erkrankung betrifft meist Haut, Verdauungstrakt und Leber, wobei Morbidität und Mortalität vor allem auf einen Befall des Darms zurückgehen. Für die aGvHD sind in erster Linie ­die T-Zellen des Spenders verantwortlich, die durch Alloantigene des Empfängers stimuliert werden. Einer der wichtigsten Mediatoren ist dabei α4β7-Integrin auf den T-Zellen. Es bindet an ein Zelladhäsionsmolekül in der Mukosa und vermittelt so die Einwanderung naiver und aktivierter Lymphozyten. Der monoklonale Antikörper Vedolizumab, der bereits zur Therapie von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn zugelassen ist, unterbindet diese Interaktion. Amerikanische Kollegen um Professor Dr. ­Yi-Bin ­Chen vom Massachusetts General Hospital in Bos­ton prüften die Substanz in einer Phase-1b-Dosisfindungsstudie. Sie schlossen 24 Patienten ein und gaben ihnen den Antikörper am Tag vor sowie zwei und sechs Wochen nach einer allogenen Transplantation zusätzlich zu einer Standardprophylaxe. Vier Teilnehmer entwickelten binnen hundert Tagen nach der Prozedur eine aGvHD vom Grad 2–4, darunter drei mit einer Stadium-1-Reaktion im unteren Verdauungstrakt. Vier Patienten waren zwölf Monate nach der Transplantation gestorben. Auch hier läuft eine weitere Studie der Phase 3, in der die vorbeugende Wirkung von Vedolizumab bestätigt werden soll.

* Rho-associated coiled-coil kinase 2

Quellen:

1. Jagasia M et al. J Clin Oncol 2021; 39: 1888-1898; DOI: 10.1200/JCO.20.02754
2. Chen YB et al. Blood Adv 2021; 3: 4136-4146; DOI: 10.1182/bloodadvances.2019000893

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Wenn der Körper gegen das Transplantat ankämpft, kann es gefährlich werden. Wenn der Körper gegen das Transplantat ankämpft, kann es gefährlich werden. © k_yu – stock.adobe.com