Diabetes-Medikament verringert Graft-versus-Host-Reaktionen nach Stammzelltransplantation

Josef Gulden

T-Zellen werden mitunter durch Sitagliptin 
aktiviert. T-Zellen werden mitunter durch Sitagliptin aktiviert. © Science Photo Library/Phares, Marc

Trotz prophylaktischer Maßnahmen erleiden bis zu 50 % der Patienten nach einer allogenen Stammzelltransplantation eine akute Graft-versus-Host-Erkrankung. Mit dem Diabetes-Medikament Sitagliptin könnte sich diese Rate deutlich reduzieren.

Die akute Graft-versus-Host-Reaktion (GvHD) stellt eine häufige Komplikation nach einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation dar. Trotz vorbeugender Behandlungen mit z.B. Calcineurininhibitoren und Sirolimus tritt diese bei bis zu 50 % der Patienten auf.

Eine neue Prophylaxe-Option könnte sich mit Sitagliptin, ein zur Behandlung von Typ-2-Diabetes zugelassenes Medikament, bieten. Der Wirkstoff inhibiert den Transmembran-Rezeptor Dipeptidyl-Peptidase 4 (DPP4). Dieser ist an einer Reihe biologischer Prozesse beteiligt, u.a. an der Freisetzung von Insulin sowie an der Aktivierung von T-Zellen. Nachdem erste Untersuchungen mit Sitagliptin Hinweise auf eine Abnahme akuter GvHD ergeben hatten, untersuchten Forscher um Dr. Dr. Sherif­ S. Farag­ von der Indiana University in Indianapolis dies in einer Phase-2-Studie.

Rezidive unabhängig davon, ob Spender verwandt war

Die Wissenschaftler schlossen darin Personen mit verschiedenen Leukämien ein, die sich nach einer myelo­ablativen Konditionierung einer allogenen Transplantation mit peripheren Stammzellen unterzogen. Neben der üblichen Gabe von Tacrolimus und Sirolimus zur Prävention einer Abstoßung erhielten sie ab dem Tag vor der Transplantation zwei Wochen lang zweimal täglich 600 mg Sitagliptin oral. Per Definition war der primäre Endpunkt dann erreicht, wenn an Tag 100 nicht mehr als 15 % GvHD vom Grad 2 bis 4 auftraten.

Die Autoren konnten 36 Patienten auswerten, die Transplantate von gematchten – nicht notwendigerweise verwandten – Spendern erhalten hatten. Bis zum Tag 100 nach der Prozedur entwickelten lediglich zwei Teilnehmer (5 %) eine akute GvHD vom Grad 2 bis 4. Sie hatten nur 65 % bzw. 70 % der geplanten Dosen von Sitagliptin bekommen. Die kumulative Rezidivrate nach einem Jahr betrug 26 %, und zwar unabhängig davon, ob der Spender verwandt gewesen war oder nicht.

Keine zusätzlichen Toxizitäten durch den DPP4-Inhibitor

15 der 34 Patienten, die innerhalb von 100 Tagen kein Rezidiv erlitten hatten, entwickelten eine chronische GvHD. Diese fiel in fünf Fällen leicht, in sieben moderat und in drei schwer aus. Niemand starb binnen des ersten Jahres therapiebedingt. Zu diesem Zeitpunkt zeigten sich 46 % frei von GvHD und Rezidiven. Die Betroffenen vertrugen Sitagliptin gut: Die Forscher beob­achteten nur Toxizitäten, die sie auf die Transplantation zurückführten.

Das Fazit der Autoren: Sitagliptin, in Kombination mit Tacrolimus und Sirolimus, scheint die Inzidenz akuter GvHD nach einer allogenen Stammzelltransplantation zu verringern. Diese Ergebnisse würden randomisierte Studien rechtfertigen, in denen der DDP4-Inhibitor mit anderen gängigen Prophylaktika verglichen wird.

Quelle: Farag SS et al. N Engl J Med 2021; 384: 11-19; DOI: 10.1056/NEJMoa2027372

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aktiviert. T-Zellen werden mitunter durch Sitagliptin aktiviert. © Science Photo Library/Phares, Marc