Neuer Standard in der CLL-Erstlinie bei älteren Patienten?

Friederike Klein

Der Wirkmechanismus von Acalabrutinib ähnelt zwar dem von Ibrutinib, der Inhibitor bindet jedoch selektiver. Der Wirkmechanismus von Acalabrutinib ähnelt zwar dem von Ibrutinib, der Inhibitor bindet jedoch selektiver. © molekuul.be – stock.adobe.com; iStock/PeopleImages

Acalabrutinib alleine oder kombiniert mit Obinutuzumab verlängert bei älteren bzw. komorbiden Patienten mit therapienaiver CLL signifikant die Zeit ohne Krankheitsprogression oder Tod im Vergleich zum früheren Standard. Das Sicherheitsprofil ist dabei tolerabel.

Die Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitoren haben die Therapie der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) grundlegend verändert. Ein neuer Kandidat ist Acalabrutinib, der stärker selektiv wirkt als Ibrutinib. Deshalb wird der Inhibitor in der ELEVATE-TN-Studie bei älteren oder komorbiden Patienten mit CLL als Erstlinientherapie alleine und in Kombination mit Obinutuzumab geprüft. Nun liegen Interimsergebnisse vor, von denen Dr. Jeff P. Sharman, Willamette Valley Cancer Institute, Eugene, berichtete.

Studiendesign

Die therapienaiven 535 CLL-Patienten waren entweder ≥ 65 Jahre alt oder wiesen auf der Cumulative Illness Rating Scale, CIRS, einen Wert > 6 und/oder Kreatininclearance < 70 ml/min auf. In drei Gruppen randomisiert erhielten sie entweder:
  • Acalabrutinib (100 mg oral 2x/d; n = 79),
  • Acalabrutinib + Obinutuzumab (1000 mg an Tag 1, 2, 8 und 15 in Zyklus 1 und danach jeweils an Tag 1 für fünf 28-tägige Zyklen; n = 179) oder
  • Obinutuzumab + Chlorambucil (oral 0,5 mg/kg an Tag 1 und 15 für sechs 28-tägige Zyklen; n = 177).
Bei Progress konnten die Teilnehmer aus dem Kontrollarm zur Acalabrutinib-Monotherapie wechseln.

Demnach reduzierte Acalabrutinib nach einer medianen Beobachtungszeit von 28,3 Monaten das Risiko von Progress sowie Tod um 80 % und zusammen mit Obinutuzumab um 90 % gegenüber dem früheren Standard. Dieser umfasst die Chemo-Immuntherapie mit Chlorambucil und Obinutuzumab.1 Die auf zwei Jahre bezogene PFS*-Rate erreichte in der Kontrolle 47 %, mit Acalabrutinib 87 % und mit Acalabrutinib plus Obinutuzumab 93 %. Setzte man die Monotherapie mit dem Standard in Relation, betrug die Hazard Ratio (HR) 0,20 (95%-KI 0,13–0,30; p < 0,0001), verglich man das Duo mit dem Standard 0,10 (95%-KI 0,06–0,17; p < 0,0001). Die HR beim Vergleich beider Interventionsgruppen betrug 0,49 zugunsten der Kombination (95%-KI 0,26–0,95; p-Wert nicht angegeben). Wie Dr. Sharman betonte, war der PFS-Vorteil in beiden Gruppen mit dem Tyrosinkinasehemmer unabhängig von CLL-Hochrisikocharakteristika wie unmutierter variabler Region des Immunglobulinschwerkettengens (IGHV), der Deletion 11q und einem komplexen Karyotyp.

Fast jeder Patient unter Kombination in Remission

Auch das Ansprechen fiel in den Acalabrutinib-Armen signifikant besser aus als unter der Kontrolle. Die Gesamtansprechrate (ORR) lag im alten Standard bei 78,5 %, unter Acalabrutinib bei 85,5 % (p = 0,0763 vs. Obinutuzumab/Chlorambucil) und unter Acalabrutinib/Obinutuzumab bei 93,9 % (p < 0,0001 vs. Obinutuzumab/Chlorambucil). Obwohl Patienten bei Progress vom Standard zu Acalabrutinib wechseln konnten, zeichnet sich bereits eine geringere Sterblichkeit unter Monotherapie ab, erläuterte Dr. Sharman. Aktuell fallen die Ereignisraten aber noch zu gering aus, um einen signifikanten Überlebensvorteil zu belegen.

Nebenwirkungen traten häufig auf

Nebenwirkungen von Grad ≥ 3 traten unter Acalabrutinib zu 49,7 %, unter Acalabrutinib + Obinutuzumab zu 70,2 % und unter Obinutuzumab + Chlorambucil zu 69,8 % auf. Am häufigsten kam es dabei zu Pneumonien. Von besonderem Interesse waren laut Dr. Sharman Vorhofflimmern (bei einem Patienten unter Acalabrutinib + Obinutuzumab), Hypertonie (in allen Gruppen zwischen 2,8–3,6 %) und Blutungen (überall < 2 %). Zu sekundären Malignomen ohne nicht-melanozytären Hautkrebs kam es im Acalabrutinib-Kombinationsarm etwas häufiger als im Monotherapie- und Kontrollarm (5,6 % vs. 2,8 % vs. 1,8 %). Von Grad-5-unerwünschten-Ereignissen waren in den Gruppen 2,8 %, 3,9 % und 7,1 % der Patienten betroffen.

Insgesamt bezeichnete der Referent die Behandlung mit Acalabrutinib allein oder in Kombination mit Obinutuzumab als gut tolerabel. Effektivität und Nebenwirkungsprofil seien konsistent mit den Ergebnissen der Phase-3-Studie ASCEND, in der Acalabrutinib das PFS von Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL signifikant gegenüber Rituximab/Idelalisib bzw. Rituximab/Bendamustin verlängert hatte.2 Die FDA hat Acalabrutinib bereits zur Therapie der rezidivierenden/refraktären CLL zugelassen. 

* progressionsfreies Überleben

Quellen:
1. Sharman JP et al. ASH Annual Meeting 2019; Abstract #31
2. Ghia P et al. 24. EHA-Kongress 2019; Abstract LB2606

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Der Wirkmechanismus von Acalabrutinib ähnelt zwar dem von Ibrutinib, der Inhibitor bindet jedoch selektiver. Der Wirkmechanismus von Acalabrutinib ähnelt zwar dem von Ibrutinib, der Inhibitor bindet jedoch selektiver. © molekuul.be – stock.adobe.com; iStock/PeopleImages