Transthyretin-Amyloidose: DNA-Schnipsel gegen mutiertes TTR

Dr. Angelika Bischoff

Eine autosomal dominante Mutation eines Nukleotids im Transthyretin-Gen kann zur hereditären Transthyretin-Amyloidose führen. Eine autosomal dominante Mutation eines Nukleotids im Transthyretin-Gen kann zur hereditären Transthyretin-Amyloidose führen. © iStock.com/Firstsignal

Patienten mit Transthyretin-Amyloidose der Stadien 1 und 2 profitieren von einer Therapie mit den Oligonukleotiden Inotersen bzw. Patisiran. Lebensqualität und neurologisches Outcome bessern sich darunter signifikant.

Progrediente Amyloidablagerungen behindern bei Patienten mit hereditärer Transthyretin- Amyloidose die Arbeit gleich mehrerer Organen, darunter periphere Nerven, Herz, Nieren und Gastrointestinaltrakt. Ursächlich für die Amyloidose ist eine Mutation am Transthyretin-Gen, kurz TTR (s. Kasten).

Transthyretin wird vor allem in der Leber gebildet. Deswegen versuchte man früher, Betroffenen durch eine Lebertransplantation zumindest vorübergehend zu helfen. Mittlerweile gibt es „small molecules“ wie Tafamidis und Diflunisal, die zirkulierende Transthyretin-Tetramere stabilisieren und so die Erkrankung bremsen können. Allerdings ist deren Wirkung begrenzt, weshalb Forscher nach alternativen und effektiveren Therapien suchen.

Kleine Mutation mit großen Folgen

Die hereditäre Transthyretin-Amyloidose wird verursacht durch eine autosomal dominante Mutation eines Nukleotids im Transthyretin- Gen. Diese bedingt eine Fehlfaltung des gebildeten Transthyretins, die zur Folge hat, dass der tetramere Proteinkomplex destabilisiert wird und in Monomere zerfällt. Die Monomere lagern sich als unlösliches Amyloid in verschiedenen Organsystemen progredient ab, weshalb die betroffenen Organe eine zunehmende Dysfunktion entwickeln. Zu den typischen Folgen zählen Neuropathie und Kardiomyopathie. Unbehandelt führt die Erkrankung binnen 3–15 Jahren nach dem ersten Auftreten der Symptome zum Tod.

Inotersen könnte Alternative zu „small molecules“ sein Zwei Studien legen nahe, dass das Antisense-Oligonukleotid Inotersen eine solche Alternative sein könnte. Der DNA-Schnipsel ist in der Lage, die hepatische Produktion von Transthyretin zu hemmen. In einer Untersuchung an 172 Patienten mit hereditärer Transthyretin-Amyloidose im Stadium 1 oder 2 und Polyneuropathie wurde das Mittel über 15 Monate untersucht.1 Die Teilnehmer erhielten wöchentliche subkutane Injektionen von 300 mg Inotersen oder Placebo. Sowohl im neurologischen Outcome als auch in der Lebensqualität zeigten sich bedeutsame Vorteile für das Oligonukleotid – unabhängig von Krankheitsstadium, Mutationstyp oder komorbider Kardiomyopathie. Im mNIS+7* unterschied sich Inotersen von Placebo signifikant um durchschnittlich -19,7 Punkte. Als klinisch bedeutsam gilt eine Reduktion von ≥ 2 Punkten. Gleiches zeigte sich im Fragebogen zur Lebensqualität QOL-DN**, der mittlere Unterschied zwischen den Gruppen fiel mit -11,7 Punkten signifikant aus. Bei beiden Messinstrumenten spricht ein geringerer Score für ein besseres Outcome. Unter Inotersen gab es allerdings fünf Todesfälle, im Kontrollarm keinen. Glomerulonephritis (3 %) und Thrombozytopenie (3 %) wurden als häufigste Nebeneffekte des Oligonukleotids registriert.

Infusionsbedingte Reaktionen unter Patisiran häufiger

Die zweite Arbeit über 18 Monate untersuchte an 225 Patienten das RNA-Interferenz-Therapeutikum Patisiran, das ebenfalls die hepatische Transthyretinsynthese hemmt.2 Im Placebovergleich ermittelten die Studienautoren klinisch signifikante Verbesserungen zugunsten des Verums. So unterschieden sich die Gruppen im Mittel um 34 Punkte bezüglich der neurologischen Manifestationen und lagen rund 21 Punkte im Fragebogen zur Lebensqualität auseinander. Abgesehen von infusionsbedingten Reaktionen (20 % vs. 10 %) traten Nebenwirkungen unter Patisiran nicht häufiger auf. In einem Editorial werden beide Untersuchungen als Meilensteine auf dem Weg zu einer effektiveren Behandlung der Transthyretin-Amyloidose bewertet.3 Sie würden Hoffnung geben, dass man deren Progression verlangsamen und die Erkrankung durch die Gabe von Inotersen bzw. Patisiran vielleicht sogar bessern könne.

Quellen:
1. Benson MD et al. N Engl J Med 2018; 379: 22-31
2. Adams D et al. A.a.O.: 11-21
3. Buxbaum JN. A.a.O.: 82-85

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Eine autosomal dominante Mutation eines Nukleotids im Transthyretin-Gen kann zur hereditären Transthyretin-Amyloidose führen. Eine autosomal dominante Mutation eines Nukleotids im Transthyretin-Gen kann zur hereditären Transthyretin-Amyloidose führen. © iStock.com/Firstsignal