
Vielseitige Seelentröster: Nebenwirkungen von Antidepressiva können Begleitbeschwerden lindern

In den 1960er-Jahren stellte die Zulassung von Imipramin und Iproniazid einen Meilenstein der Depressionstherapie dar. Kein Wunder, dass die Reaktionen euphorisch waren. Diese Sichtweise hat sich mittlerweile gelegt. Aufgrund seiner schweren Nebenwirkungen wurde Iproniazid vom Markt genommen. Auch wenn mittlerweile weitaus effektivere und sichere Optionen existieren, gehören die neueren Antidepressiva eher zu den unbeliebten Medikamenten – besonders aus Patientensicht. Viele Betroffene brechen Therapien aufgrund der teils beträchtlichen Nebenwirkungen oder falscher Annahmen über die Wirkungsweise ab.
Neben einem ausführlichen Aufklärungsgespräch müssen Kollegen anhand von Faktoren wie Begleitumständen (z.B. Schwangerschaft), Vorerkrankungen und Erfahrungen der Patienten entscheiden, welches der vielen Präparate sich individuell eignet. Die Oberärztin der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Wien, Professor Dr. Nicole Praschak-Rieder, gibt hierzu einige Tipps.
Schmerz gleich mit behandeln
Vor allem trizyklische Medikamente und Serotonin-NoradrenalinWiederaufnahmehemmer (SNRI) aktivieren schmerzdämpfende Zentren im ZNS. Begleiten also Schmerzen die Depression, kann man die analgetische Wirkung der Substanzen nutzen.
Antikoagulanzien reduzieren
Manche Ärzte setzen die Nebenwirkung selektiver Serotonin-Aufnahmehemmer (SSRI) gezielt ein, um die Thrombozytenaggregation zu hemmen und so entsprechende Präparate einzusparen. SSRI zeigen eine eigenständige gerinnungshemmende Wirkung. Bei Patienten mit Blutungsneigung sollte man den Einsatz entsprechend gründlich überdenken.
Auf Gewicht und Schlaf achten
Antihistaminerge Medikamente wirken zum einen appetitanregend, weshalb Kollegen bei Patienten mit „Gewichtsproblemen“ besser zu anderen Substanzen greifen. Ein weiterer Effekt ist deren sedierende Eigenschaft. Wenn gerade diese erwünscht ist, sollte man nach Meinung von Prof. Praschak-Rieder eher zusätzlich Benzodiazepine geben. Nach einer stationären Therapie gehen viele Betroffene zurück in ihren Beruf und den Straßenverkehr, was v.a. in Kombination mit Alkohol ernsthafte Folgen nach sich ziehen kann.
Flaute im Bett ansprechen
Bis zu 60 % der SSRI-Konsumenten berichten von sexuellen Funktionsstörungen – wenn man sie danach fragt. Viele Betroffene erzählen nur selten spontan davon, weshalb es sinnvoll ist, in der ersten Kontrollvisite gezielt nachzuhaken. Noradrenalin- und DopaminWiederaufnahmehemmer wie Wellbutrin könnten hier die bessere Wahl darstellen.
Temporäre Symptome beachten
Unangenehm, wenn auch harmlos, sind Probleme wie Übelkeit, Erbrechen oder abdominale Schmerzen, wiederum oft durch SSRI verursacht. In den meisten Fällen bilden sie sich jedoch innerhalb weniger Tage komplett zurück, schreibt Prof. Praschak-Rieder. Trotzdem sollte man diese Nebenwirkungen mit den Patienten besprechen. Abschließend gibt die Autorin noch einen Rat: Kollegen sollten bitte nicht einem der typischen Fehler aufsitzen und die Antidepressiva „zu kurz oder zu wenig davon“ geben.
Interaktionen setzen Alten und Multimorbiden zu
Quelle: Praschak-Rieder N. J Neurol Neurochir Psychiatr 2017; 18: 144-150
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).