
Von alten und neuen Therapiestrategien bei Bronchiektasen

Die Prävalenz von Bronchiektasen scheint rasant anzusteigen – in den USA von 52 auf 139 Fälle pro 100 000 Einwohner in nur zwölf Jahren. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass das hochauflösende CT als diagnostische Methode der Wahl immer leichter verfügbar wird, vermutet Professor Dr. Pamela McShane, Universität Chicago. „Wir denken an Bronchiektasen immer als seltene Erkrankung, aber bei 60-, 70-Jährigen kommen sie so selten nicht vor“, sagte die Pneumologin. Die Daten zeigen auch, dass in allen Altersgruppen Frauen häufiger betroffen sind als Männer.
„Idiopathisch“ steht für Verlegenheitsdiagnose
Etwa ein Drittel der Erkrankungen ist auf immunologische Funktionsstörungen zurückzuführen, wobei Immundefizienz und Autoimmunphänomene etwa gleich häufig vertreten sind. Als frustrierend empfindet Prof. McShane, dass etwa die Hälfte der Fälle als postinfektiös oder idiopathisch eingestuft wird – Verlegenheitsdiagnosen, die bedeuten, dass keine kausale Therapie möglich ist. „Ich hoffe, dass wir bald immer mehr behandelbare Ursachen identifizieren und die idiopathische Gruppe auf Null schrumpft.“
Auch bei Erwachsenen mit der Erstdiagnose Bronchiektasen sollte ein Schweißtest erfolgen, denn trotz Babyscreening bleiben immer wieder Mukoviszidose-Patienten unerkannt. Essenziell sind außerdem die Sputumkultur auf säurefeste Stäbchen und nicht-tuberkulöse Mykobakterien (NTM) sowie der Ausschluss einer allergischen bronchopulmonalen Aspergillose durch Messung des spezifischen IgE oder IgG.
Den pathophysiologischen Teufelskreis vor Augen führen
Diese Tests helfen abzuschätzen, wie sich die Erkrankung entwickeln wird, und sie können die Therapieplanung leiten. Deshalb lohnt es auch, auf Alpha-1-Antitrypsinmangel zu testen.
Man sollte sich klarmachen, dass pathophysiologisch ein Teufelskreis aus abnormer Mukusclearance, bakterieller Kolonisation, neutrophiler Entzündung und fortschreitender Zerstörung der Atemwegsarchitektur abläuft, betonte Prof. McShane. Deshalb funktioniert die Inhalation vernebelter hypertoner Kochsalzlösung (6–7 %) so gut: Sie hilft, den zähen Schleim aus dem Atemwegen zu befördern und senkt die Keimlast.
In einer zwölfmonatigen Inhalationsstudie fiel die Sputumkultur am Ende nur noch bei 15 % der Teilnehmer positiv aus gegenüber 55 % zu Beginn. „Diese Therapie sollten Sie einleiten, bevor Sie über ein antimikrobielles Regime nachdenken“, riet die Kollegin. Wenn Patienten 6– 7%iges NaCl nicht vertragen, kann man es mit isotoner Salzlösung probieren. Das steigert zumindest die Lebensqualität, auch wenn es hinsichtlich der Keimbesiedlung nicht viel ausrichtet.
Wenn sich so viele Neutrophile in den ektatischen Atemwegen befinden – wie schafft es Pseudomonas, sich dort festzusetzen? Die Immunzellen sind dysfunktional. Unabhängig vom Schweregrad degranulieren sie selbst in stabilen Krankheitsphasen. Die Phagozytose ist gestört, die Apoptose verlangsamt. „Diese Neutros verhalten sich wie scheintote Zombies – sie sind da, aber benehmen sich merkwürdig“, verdeutlichte Prof. McShane. Ein neuer Therapieansatz zielt darauf ab, die Aktivierung der von den Neutrophilen sezernierten Serinproteasen Elastase, Proteinase 3 und Cathepsin G zu verhindern, indem das dafür benötigte Enzym Dipeptidylpeptidase (DPP)-1 inhibiert wird.
Solch ein Hemmstoff (INS1007) wird zurzeit in der Phase-II-Studie Willow erprobt. Primärer Endpunkt ist die Zeit bis zur ersten pulmonalen Exazerbation. Daneben werden auch Effekte auf Lungenfunktion und Lebensqualität geprüft. Die Rekrutierung ist abgeschlossen, Mitte nächsten Jahres soll die Studie fertig sein.
Kongressbericht: ATS (American Thoracic Society) 2019 International Conference
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).