Atemweg frei für die erste Bronchiektasen-Leitlinie

Schon die erste der neun mittels PICO-Format (Patients, Interventions, Comparison, Outcomes) formulierten Schlüsselfragen, an denen sich die Leitlinie entlanghangelt, bekam das Label „hochgradig patientenrelevant“ (s. Kasten). Gefragt ist eine standardisierte Teststrategie, um die Ätiologie der Bronchiektasen abzuklären, betonte Professor Dr. Eva Polverino vom Universitätsklinikum Barcelona. Das Ergebnis kann in bis zu einem Drittel der Fälle die Strategie ändern, ergaben Beobachtungsstudien.
Als Minimalprogramm sollten ein Differenzialblutbild gemacht, Immunglobuline (IgA, IgG, IgM) gemessen und nach einer allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) gesucht werden. Das Blutbild dient dazu, Immundefekte auszuschließen. Lympho- und Neutropenie können bei primären oder sekundären Immundefiziten auftreten, während eine Lymphozytose als Sekundärfolge einer malignen hämatologischen Grunderkrankung auftritt.
Aspergillose ändert das Vorgehen grundlegend
Eine defekte Antikörpersynthese, die sich durch Ig-Messung schnell und kostengünstig nachweisen lässt, gilt als wichtige modifizierbare Ursache von Bronchiektasen. Zudem kann die Substitution kurz- wie langfristig die Prognose signifikant verbessern. Zum ABPA-Nachweis werden außer Gesamt-IgE noch aspergillusspezifisches IgG und IgE benötigt oder ein Pricktest. „Der Nachweis einer ABPA verändert das Management grundlegend“, betonte Prof. Polverino. Außerdem sollen zum Monitoring bakterieller Infektionen Sputumkulturen angelegt werden.
Die Empfehlung, akute Exazerbationen 14 Tage lang antibiotisch zu behandeln, hält sich hartnäckig, obwohl nicht klar belegt ist, dass kürzere oder längere Therapien schlechter sind. In Ermangelung direkter Evidenz hat das Leitliniengremium entschieden, dies weiter zu empfehlen. Dabei kann im Einzelfall je nach Zustand des Patienten und Schwere der Exazerbation die Therapie auch verkürzt oder verlängert werden.
Patienten machen Leitlinien
Ein kritischer Punkt ist der Einsatz antiinflammatorischer Therapien, vor allem von inhalativen Steroiden (ICS). Die Leitlinie lässt keinen Zweifel daran, dass auch Patienten mit Bronchiektasen ICS erhalten sollen, wenn sie aufgrund von Asthma oder COPD indiziert sind. Sie rät aber ab, nur wegen der Bronchiektasen ICS zu verordnen. Die wenigen, kleinen Studien, die es dazu gibt, haben keinen Benefit zeigen können, und die Daten zu Risiken und Nebenwirkungen sind mager. Auch Statine, denen antiinflammatorische Effekte zugeschrieben werden, haben bei Bronchiektasen keinen Platz.
Eine Absage erteilt die Leitlinie außerdem dem breiten Einsatz von Bronchodilatatoren. Sie sollen nur bei speziellen Indikationen verordnet werden: wenn Patienten ausgeprägt dyspnoeisch sind sowie vor der Physiotherapie und vor Inhalation von Antibiotika, um deren Verträglichkeit und pulmonale Disposition zu verbessern. Davon unberührt sind natürlich Patienten, die wegen Asthma oder COPD Bronchodilatatoren brauchen.
Für Patienten, die sich mit dem Abhusten schwertun und denen Standardtechniken zur Schleimmobilisierung nicht helfen, werden Mukolytika in Langzeittherapie empfohlen. Aber Vorsicht, warnte Prof. Polverino, Mannitol und hypertone Salzlösung können Bronchospasmen und FEV1-Abfall verursachen. „Der Verordnung sollte unbedingt ein Toleranztest vorausgehen“, so die Pneumologin. Rekombinante DNase soll nicht gegeben werden, nachdem sich in einer Studie ein erhöhtes Exazerbationsrisiko gezeigt hat.
Exazerbationsrisiko sinkt durch regelmäßige Aktivität
Am Schluss steht die einzige Empfehlung, für die wirklich gute Daten vorliegen: Patienten mit reduzierter körperlicher Belastbarkeit sollte ein Rehabilitationsprogramm angeboten werden, außerdem sollte man sie zu regelmäßiger körperlicher Aktivität anhalten. Es gibt gute Studien, die zeigen, dass Leistungsfähigkeit und Lebensqualität gesteigert werden, das Exazerbationsrisiko sinkt und der Effekt wahrscheinlich länger andauert als die Maßnahme selbst.Fast alle anderen Punkte tragen das Label „low quality of evidence“, selbst die, die als starke Empfehlung geführt werden. „Wir brauchen dringend bessere Wissenschaft und mehr Forschung bei diesem Krankheitsbild“, meint Prof. Polverino abschließend.
Quelle: Kongressbericht European Respiratory Society International Congress 2017
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