Wann das zufällig entdeckte intrakranielle Aneurysma zur Gefahr wird

Maria Weiß

Zeitbombe oder harmloser Begleiter? Zeitbombe oder harmloser Begleiter? © Science Photo Library/Zephyr

Patienten mit einem intrakraniellen Aneurysma müssen nicht zwangsläufig operiert oder endovaskulär behandelt werden. Die Indikation für den Eingriff hängt vom individuellen Rupturrisko ab – und das gilt es erst mal zu ermitteln.

Nicht-rupturierte intrakranielle Aneurysmen sind ein relativ häufiger Zufallsbefund, bei dem sich vor allem eine Frage stellt: Soll man sie sicherheitshalber ausschalten oder besser in Ruhe lassen? Fest steht: Kommt es zur Ruptur mit Subarachnoidalblutung, sterben etwa 30 % der im Mittel 52 Jahre alten Betroffenen. Und von den Überlebenden kehrt nur jeder Dritte in sein altes Leben zurück, erklärte Professor Dr. Nima Etminan von der Neurochirurgischen Klinik am Universitätsklinikum Mannheim.

Viele werden nie etwas von ihrem Aneurysma merken

Der Ruptur vorbeugen kann man durch mikrochirurgische (Clipping) oder endovaskuläre (Coiling) Eingriffe. Die beiden Methoden sind zwar sehr effektiv, aber nicht ohne Risiko für den oft völlig symptomlosen Patienten. Das Für und Wider der Intervention muss daher individuell abgewogen werden – zumal ein nicht geringer Teil der Betroffenen nie etwas von dem Aneurysma gemerkt hätte, mahnte Prof. Etminan.

Für die Einschätzung des Rupturrisikos ist die Wachstumsentwicklung des Aneurysmas entscheidender als seine absolute Größe. Bis zu 50 % der intrakraniellen Aussackungen fangen irgendwann an zu wachsen, wobei man die Pathogenese noch nicht vollständig verstanden hat. Die Gefahr einer Ruptur ist bei einem wachsenden Aneurysma um den Faktor 12 erhöht.

Als Risikofaktoren für ein Wachstum gelten u.a. Rauchen, weibliches Geschlecht, Hypertonie, multiple Aneurysmen, die initiale Aneurysmagröße sowie morphologische Faktoren (u.a. multilobulär oder länglich) und eine Lokalisation in der posterioren Zirkulation. Scores helfen dabei, die Wachstumstendenz einzuschätzen. So lässt sich mit dem ELAPPS-Score die Wahrscheinlichkeit eines Aneurysmawachstums in den nächsten drei oder fünf Jahren ermitteln. Berücksichtigt werden dabei sechs einfach zu erhebende Variablen:

  1. vorherige Ruptur eines anderen Aneurysmas
  2. Aneurysmalokalisation
  3. Lebensalter
  4. geographische Herkunft
  5. Größe des Aneurysmas
  6. Form des Aneurysmas

Neben dem Score muss allerdings immer auch die Gesamtsituation und die Lebenserwartung der Patienten berücksichtigt werden.

Stabile Aussackungen alle drei Jahre kontrollieren

Entscheidet man sich gegen eine prophylaktische Ausschaltung des Aneurysmas, sollten die betroffenen Patienten initial alle 6–12 Monate mittels MR-Angiographie kontrolliert werden. Erweist sich ein Aneurysma als stabil, kann ein Abstand von drei Jahren ausreichen. Wichtig sind eine optimale Behandlung der Hypertonie und ein Rauchstopp.

Zunehmend werden weitere medikamentöse Ansätze bei unrupturierten Aneurysmen diskutiert. Im Fokus steht ASS, das aufgrund seiner antiinflammatorischen Eigenschaften protektiv auf die Aneurysmastabilität wirken könnte. In popula­tionsbasierten Studien zeichnete sich eine Reduktion von Aneurysmablutungen unter einer niedrig dosierten ASS-Langzeittherapie ab – ohne dass verstärkte Subarachnoidalblutungen auffielen. Zurzeit wird in der Phase-3-Studie PROTECT-U untersucht, welchen Einfluss eine striktere Blutdrucksenkung und die Gabe von 100 mg/d ASS auf das Rupturrisiko haben.

Quelle: Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin 2021 – digital

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Zeitbombe oder harmloser Begleiter? Zeitbombe oder harmloser Begleiter? © Science Photo Library/Zephyr
Bei einer 28-Jährigen stellt sich in der 
konventionellen 2D-Angiographie sowie in der CT-Angiographie (3D) ein zerebrales Aneurysma dar. Bei einer 28-Jährigen stellt sich in der konventionellen 2D-Angiographie sowie in der CT-Angiographie (3D) ein zerebrales Aneurysma dar. © Science Photo Library/Zephyr