Was fürs Herz

Manuela Arand

Die neuen Daten sind vielversprechend für HFpEF-Patienten. Die neuen Daten sind vielversprechend für HFpEF-Patienten. © iStock/PeopleImages

Gute Nachrichten für Menschen mit Typ-2-Diabetes, Herzinsuffizienz und erhaltener Pumpfunktion: Als erster Wirkstoff hat Sotagliflozin gezeigt, dass er die Prognose verbessert. Auch Herzen mit reduzierter Pumpfunktion profitieren.

Die beiden Studien SCORED und SOLOIST, die maßgeblich zu den Erkenntnissen für die Therapie von Menschen mit Typ-2-Diabetes und „schwachem Herz“ beigetragen haben, unterschieden sich vor allem in den Charakteristika der Teilnehmenden.1,2 Während man in SOLOIST Patienten einschloss, die sich nach akuter Dekompensation ihrer Herzinsuffizienz gerade stabilisiert hatten, nahmen an SCORED Menschen teil, die zusätzlich zum Diabetes einen chronischen Nierenschaden aufwiesen. Beide Studien prüften denselben Endpunkt, nämlich die Gesamtzahl kardiovaskulärer Todesfälle und Hospitalisierungen oder Notfallvisiten wegen Herzinsuffizienz.

In SOLOIST reduzierte Sotagliflozin das Risiko für diese Ereignisse um ein Drittel im Vergleich zu Placebo (absolute Risikoreduktion: 25 Ereignisse pro 100 Patientenjahre, number needed to treat, NNT: 4). Der Unterschied wurde bereits nach 28 Tagen signifikant und war unabhängig von der linksventrikulären Ejektionsfraktion bei Studieneinschluss, betonte Professor Dr. Subodh­ Verma­, University of Toronto. Menschen mit Herzinsuffizienz und erhaltener Ejektionsfraktion (EF) profitierten ebenso wie jene mit reduzierter Pumpfunktion. In gleicher Größenordnung lag die Risikoreduktion für kardiovaskuläre Todesfälle und Hospitalisierungen insgesamt sowie die Zeit bis zum ersten Ereignis.

SCORED und SOLOIST auf einen Blick
SCOREDSOLOIST
DesignRCT, doppelblind, placebokontrolliert
Teilnehmende10.584 Menschen mit Typ-2-Diabetes und CKD (eGFR 25-60 ml/min)1.222 Menschen mit Typ-2-Diabetes kurz nach Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz
geplante primäre EndpunkteZeit bis zum ersten MACE (kardiovaskulärer Tod, nicht-tödlicher Infarkt oder Schlaganfall); Zeit bis zum kardiovaskulären Tod oder zur ersten Hospitalisierung wegen HerzinsuffizienzZeit bis zum kardiovaskulären Tod oder zur ersten Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz
Follow-upim Schnitt 16 Monateim Schnitt 9 Monate

Gute Sicherheit und Verträglichkeit

Bei den unerwünschten Wirkungen gab es keine großen Überraschungen: mehr Diarrhöen (42 Fälle vs. 25 Fälle) und schwere Hypoglyk­ämien (9 vs. 2) waren die einzigen signifikanten Unterschiede zu Placebo. Diabetische Ketoazidosen (DKA) kamen numerisch seltener vor. Wichtig ist noch, dass der frühe Therapiebeginn mit Sotagliflozin im Krankenhaus oder wenige Tage nach Entlassung keinerlei Probleme hinsichtlich Sicherheit und Verträglichkeit verursachte. Diese Fragestellung hatte man mit anderen SGLT2-Hemmern bisher nicht untersucht.

Benefit zeigte sich auch in SCORED sehr früh

Die Risikoreduktion in der wesentlich größeren Studie SCORED betrug 26 % (absolute Risikoreduktion: 1,9 Ereignisse pro 100 Patientenjahre, NNT: 54) für den revidierten primären Endpunkt, berichtete Professor Dr. Mikhail­ Kosiborod­, St. Luke’s Mid America Heart Institute in Dallas. Hier zeigte sich der Benefit ebenfalls früh, wenn auch nicht ganz so zeitig wie in SOLOIST: Nach 95 Tagen erreichte der Unterschied gegen Placebo Signifikanzniveau. Auch für die ursprünglichen primären Endpunkte kardiovaskulärer Tod plus Hospitalisierung aufgrund der Herzinssuffizienz sowie MACE-3 – kardiovaskulärer Tod, nicht-tödlicher Infarkt oder Schlaganfall – sank das Risiko signifikant, was Prof. Kosiborod der SGLT1-Hemmung zuschrieb. Häufigste unerwünschte Effekte waren Diarrhö, Genitalmykosen, Volumendepletion sowie DKA (30 Fälle vs. 14 Fälle). 

Vom Hoffnungsträger zum Flop und zurück

Sotagliflozin hemmt neben SGLT2 auch SGLT1, den wichtigsten Transporter für die Glukoseaufnahme im Darm – ein zweiter insulinunabhängiger antihyperglykämischer Mechanismus, noch dazu unabhängig von der Nierenfunktion, erläuterte Prof. Bhatt. Als erstes orales Antidiabetikum für Dia­betes Typ 1 und Mehrwert für Typ 2 sollte der SGLT2-Hemmer Sotagliflozin die Diabetologie erobern. Doch es kam anders: Die Food and Drug Administration verweigerte dem Wirkstoff die Zulassung. In Europa gab es sie zwar, aber der Hersteller entschied, das Präparat nicht auf den Markt zu bringen. Immerhin konnten die Studien beendet werden, die jetzt erneut eine Wende einleiten könnten. Schon früh zeichnete sich ab, dass die SGLT1/2-Inhibition bei Herzinsuffizienz – und speziell bei jener mit erhaltener Pumpfunktion – von Nutzen sein dürfte. Für Sotagliflozin ist dies nun belegt. Dass die Kardiologie derzeit keine evidenzbasierte Therapie für diese Entität anbieten kann, macht es besonders spannend.

Risikoreduktion für alle Formen der Herzinsuffizienz signifikant

Besonderes Interesse gilt natürlich der Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion, bisher ein „schwarzes Loch“ in Sachen evidenzbasierte Therapie. In einer gepoolten Analyse beider Studien wurden die Ergebnisse anhand der linksventrikulären Ejektionsfraktion differenziert. Die Risikoreduktion blieb für alle Formen der Herzinsuffizienz signifikant und betrug zwischen 22 % bei EF < 40 % und 37 % bei EF > 50 %. „Sotagliflozin reduzierte kardiovaskuläre Todesfälle, Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen und Notfallvisiten robust und konsistent über das gesamte Spektrum der Ejektionsfraktion bei Frauen und Männern“, konstatierte der Leiter beider Studien, Professor Dr. Deepak­ Bhatt­ vom Brigham and Women’s Hospital in Boston.

Quellen:
1. Bhatt DL et al. NEJM 2021; 384: 129-139; DOI: 10.1056/NEJMoa2030186
2. Bhatt DL et al. NEJM 2021; 384: 117-128; DOI: 10.1056/NEJMoa2030183

Kongressbericht: 81st Scientific Sessions der American Diabetes Association (ADA)

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Die neuen Daten sind vielversprechend für HFpEF-Patienten. Die neuen Daten sind vielversprechend für HFpEF-Patienten. © iStock/PeopleImages