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Wenn die Leber aufs Hirn schlägt

Medical Tribune

Mit der Flicker- oder Flimmerbrille lassen sich bereits geringgradige hepatische Enzephalopathien quantifizieren. Mit der Flicker- oder Flimmerbrille lassen sich bereits geringgradige hepatische Enzephalopathien quantifizieren. © HE-Flicker-Diagnostics GbR

Chronische Lebererkrankungen vermindern die Entgiftungsleistung des Organs und führen u.a. zu einem erhöhten Ammoniakspiegel im Blut und im zentralen Nervensystem, der psychomotorische Störungen auslöst. Die hepatische Enzephalopathie gilt es, in der Praxis zu diagnostizieren und zu therapieren.

Zwei bis drei Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer Fettleber, der häufigsten chronischen Lebererkrankung. Die Ursache ist meist eine Hyperalimentation, die Entwicklung von Adipositas und chronische Stoffwechselerkrankungen sind die Folge. Das führt im weiteren Verlauf zur Ausbildung einer nicht-alkoholischen Fettleberhepatitis (NASH). In den nächsten 10–15 Jahren wird ein Anstieg um mehr als 40 % erwartet. Studien belegen, dass bereits beim Vorliegen einer Fettleber die Entgiftungsleistung der Leber deutlich reduziert ist und es über eine Hyperammonämie zu Hirnleistungsstörungen kommen kann, sagt Dr. Margrit Hollenz, Allgemeinärztin in Rödental. Das Fatale daran ist, dass die hepatische Enzephalopathie (HE) im Anfangsstadium, der minimalen HE, vom Betroffenen nicht wahrgenommen wird. Er fühlt sich gesund, weist aber bereits deutliche psychomotorische Defizite auf, die sich z.B. in einer verminderten Fahrtauglichkeit zeigen.

Die Hälfte der Patienten, bei denen sich eine minimale HE entwickelt hat, erkrankt in den sechs Folgemonaten an einer höhergradigen Enzephalopathie, bis hin zum Leberkoma. Die HE ist die Komplikation einer chronischen Lebererkrankung mit dem höchsten Mortalitätsrisiko. Es liegt höher als beim Vorliegen von Ösophagusvarizen und Aszites, nämlich 85 % innerhalb von fünf Jahren. Es gilt also, diese schwerwiegende Komplikation einer chronischen Lebererkrankung so früh wie möglich zu diagnostizieren und zu therapieren.

Im hausärztlichen Bereich haben sich hierfür einfache Testverfahren wie der Zahlenverbindungstest oder der Liniennachfahrtest bewährt. Sie sind aussagekräftig und unkompliziert durchführbar. In hepatologischen Zentren wird zur Diagnostik der HE häufig die „Flickerbrille“ eingesetzt, mit der die kritische Flimmerfrequenz gemessen wird.

Lactulose in Akuttherapie und Sekundärprophylaxe

Die Messung des Blutammoniakspiegels wird vor allem zur Verlaufskontrolle (z.B. Studien) eingesetzt. Für den Praxisalltag ist sie untauglich, da Blutabnahme und Laboruntersuchung extrem schwierigen Kautelen unterliegen. Zudem korreliert der Blutammoniakspiegel nicht mit dem Grad einer HE. Therapeutisch gibt es zwei Wirkansätze: Die Verminderung des Anflutens von Ammoniak und/oder die Förderung des Abbaus des Blutammoniakspiegels. Lactulose und Rifaximin führen über eine Modulation des Darmmikrobioms und des Darmmilieus zu einem geringeren Anfluten von Ammoniak. Lactulose wird in der Akuttherapie und zur Sekundärprophylaxe eingesetzt.

Gastrointes­tinale Nebenwirkungen limitieren den Einsatz der Lactulose. Rifaximin ist ein darmselektives Antibiotikum und wird in der Sekundärprophylaxe eingesetzt. L-Ornithin-L-Aspartat (LOLA) fördert den Abbau des Ammoniakblutspiegels. Es handelt sich dabei um semiessenzielle Aminosäuren, Substrat der Harnstoffsynthese und der Glutaminsynthese, über die der Ammoniak entgiftet wird. LOLA wird in der Akuttherapie und in der Sekundärprophylaxe eingesetzt.

Laut Dr. Hollenz belegt eine aktuelle Studie die gute Wirksamkeit in der Sekundärprophylaxe: Nach sechsmonatiger Behandlung mit 3 x 6 g LOLA täglich konnte das Risiko für das erneute Auftreten einer HE im Vergleich zu Placebo um 57 % gesenkt werden.

Natürlich spielt für den chronisch Leberkranken auch die richtige Ernährung eine wichtige Rolle: Sie sollte ausgewogen kalorisch und proteinreich sein. Nur in den ersten drei Tagen einer höhergradigen hepatischen Enzephalopathie wird eine Eiweißrestriktion empfohlen.

Quelle: Vortrag „Lebererkrankungen und ihre Folgen in der Praxis“, Medical Tribune Forum CME, unterstützt durch Merz Pharmaceuticals GmbH

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