Arztpraxen sollen elektronisches Rezept und AU rechtzeitig einsetzen können

Praxismanagement , Praxis-IT Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Ab 2022 wird das eRezept verpflichtend. Das Muster 16 verschwindet damit aber dennoch nicht. Ab 2022 wird das eRezept verpflichtend. Das Muster 16 verschwindet damit aber dennoch nicht. © Astrovector studio – stock.adobe.com; wikipedia/ Lumu (talk)

Obwohl längst nicht alles reibungslos funktioniert, besteht Gesundheitsminister Jens Spahn darauf, dass in den Praxen alle gesetzlich vorgegebenen Digitalisierungsschritte pünktlich getan werden. Nur bei den Kassen ist er nachsichtig. Die dürfen wegen technischer Probleme nachsitzen.

Los geht es mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) im Oktober 2021. Gerüchte über eine Verschiebung haben sich als gegenstandslos erwiesen. Mit Beginn des dritten Quartals müssen Vertragsärztinnen und -ärzte die Arbeitsunfähigkeitsdaten digital an die zuständige Krankenkasse übermitteln. Daten von AU-Bescheinigungen, die bei Hausbesuchen ausgestellt werden, müssen erst bis zum Ende des folgenden Werktages an die Kassen übertragen werden. Das steht in einer Sonderregelung im Bundesmantelvertrag. Bei in der Praxis erstellten AU-Bescheinigungen sind die Daten einmal täglich zu übermitteln.

Die Praxissoftwarehersteller müssen deshalb nun schnell ihre Produkte für die eAU von der KBV zertifizieren lassen, damit diese in den Praxen genutzt werden können. Die gematik wurde beauftragt, vom 1. Juni bis 1. August 2021 die eAU in einem Feldtest zu erproben.

Jetzt kommt auch noch das elektronische Rezept

Aufschub haben nur die Krankenkassen erhalten. Der nächste Schritt – die digitale Weiterleitung der Daten durch die Kassen an die Arbeitgeber – war ursprünglich für Januar 2022 vorgesehen, darf sich nun aber bis zum 1. Juli 2022 verzögern. Hintergrund ist wohl, dass die Kassen technische Probleme bei der Datenweitergabe an die Arbeitgeber haben.

Für die Praxen bedeutet dies: Sie müssen von 1. Oktober 2021 bis zum 30. Juni 2022 einerseits die AU-Daten elektronisch übermitteln, andererseits aber dem Patienten weiterhin einen Papierausdruck zur Weitergabe an den Arbeitgeber aushändigen.

Ab dem 1. Januar 2022 wird für Vertragsärzte und GKV-Patienten die Nutzung des elektronischen Rezepts (eRezepts) für apotheken- bzw. verschreibungspflichtige Arzneimittel zur gesetzlichen Pflicht. Die gematik stellt die technische Infrastruktur ab dem 1. Juli 2021 zur Verfügung. Verordnungssoftware-Hersteller müssen bis zum 1. Oktober 2021 die Umsetzung der Vorgaben nachweisen. Eine Abstimmung zwischen KBV und dem GKV-Spitzenverband erfolgte zuletzt wegen des sog. Tokenausdrucks auf dem Rezept.

Der Tokenausdruck wird im Format A5 oder A4 in Schwarz-Weiß erstellt und nicht unterschrieben.

Dieser ist fürs Einlösen des neuen Rezeptformulars in der Apotheke erforderlich, sofern der Patient nicht die eRezept-App der gematik auf seinem Handy dafür nutzt. Erforderlich fürs Ausstellen des eRezepts sind der elektronische Heilberufsausweis (eHBA) für die qualifizierte elektronische Signatur und ein E-Health-Konnektor oder ein Konnektor für die elektronische Patientenakte, um eine Komfortsignatur zu erstellen, die allerdings frühestens ab Juli 2021 verfügbar ist. Benö­tigt wird ferner ein Update der Praxisverwaltungssoftware sowie ein Drucker, der den Tokenausdruck mit mindestens 450 dpi aufs Papier bringt. Dies soll auch mit einem Tintenstrahldrucker möglich sein. Eine funktionierende Komfortsignatur ist aus Sicht der KBV erforderlich, um eRezepte praxistauglich ausstellen zu können. Das Papierrezept (Muster 16) bleibt als Rückfalloption erhalten und kann weiterhin für Verordnungen genutzt werden, die nicht elektronisch übermittelt werden können. Es kommt außerdem bei Haus- und Heimbesuchen, beim Ersatzverfahren und in Störfällen zum Einsatz oder wenn die technischen Voraussetzungen nicht flächendeckend gegeben sind. Zur vollumfänglichen Nutzung der eRezept-App benötigt ein Patient eine elektronische Gesundheitskarte mit NFC(Near Field Communication)-Funktion, eine zugehörige PIN sowie ein entsprechendes Smartphone ab iOS 14 oder Android 6. NFC-Karten und PINs müssen die Versicherten bei ihren Krankenkassen anfordern. Bereits ab Juli 2021 ist das freiwillige Ausstellen von eRezepten möglich, wenn alle Beteiligten dazu bereit und technisch ausgestattet sind. Es ist allerdings absehbar, dass die notwendige Soft- und Hardware bis Mitte des Jahres nicht in allen Apotheken und Arztpraxen vorhanden sein wird. Die gematik plant deshalb auch hier, in einem Pilotprojekt von Apothekerverband, AOK Nordost und KV Berlin ab Juli 2021 Erfahrungen zum eRezept zu sammeln. Die Vorbereitungen für den Einsatz der elektronischen Patientenakte laufen ebenfalls bereits auf Hochtouren! Der terminierte Einsatz ist allerdings noch fraglich.

Planungen reichen bis ins Jahr 2026

Trotzdem hat der Gesetzgeber KBV und Kassen bereits zu weiteren Regelungen verpflichtet. Auch für die sonstigen verordnungsfähigen Leistungen soll die elektronische Verschreibung ermöglicht werden. Dazu zählen etwa Heil- und Hilfsmittel oder Krankentransporte. Es sollen laut Gesetzesbegründung Pilotvorhaben stattfinden, die auch für spätere Festlegungen der gematik Modellcharakter haben können. KBV und GKV-Spitzenverband haben in vorauseilendem Gehorsam Anlage 2b des Bundesmantelvertrages angepasst, um das elektronische Übermitteln der sonstigen verordnungsfähigen Leistungen zu ermöglichen. Die Regelungen wurden jedoch noch nicht konkretisiert, da die gematik bisher keinen Übertragungsweg festgelegt hat. Zu den Informationsmodellen, mit denen die zu übermittelnden Daten definiert werden, findet eine Abstimmung mit dem GKV-Spitzenverband statt. Der Bundesmantelvertrag sieht zunächst für alle Beteiligten ein freiwilliges Nutzen digitaler Verordnungen vor. Da der Regierungsentwurf des Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetzes aber bereits einen Zeitplan für die verpflichtende Nutzung enthält, will man dem offensichtlich rechtzeitig nachkommen. Ab Januar 2024 sollen die Leistungen der Häuslichen Krankenpflege, ab Juli 2025 der außerklinischen Intensivpflege und der Soziotherapie sowie ab Juli 2026 der Heilmittel und der Hilfsmittel elektronisch übermittelt werden können.

Medical-Tribune-Bericht