ePA, eAU und eRezept Stolperstarts und neue Vorschriften
Verantwortlich für die verschiedenen Praxis-Digitalisierungsschritte zum Jahreswechsel sind einige der Spahn‘schen Gesetze: Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz wurde die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) eingeführt, mit dem Gesetz zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur das elektronische Rezept (eRezept) und mit dem E-Health-Gesetz II die elektronische Patientenakte (ePA). Welche Konsequenzen hat also diese Gesetzesflut auf die Praxisführung im Jahr 2022?
Für die eAU gibt es eine Übergangsregelung
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sollte schon ab Oktober 2021 verpflichtend sein – und zwar ohne Übergangslösung. Nach harten Verhandlungen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wurde dann aber auf den 1. Januar 2022 abgestellt, mit Übergangsfrist bis zum 1. Juli 2022.
Unter Berufung auf ihre Regelungskompetenz veröffentlichte die KBV Ende November 2021 eine Richtlinie. Der widersprach jedoch das Bundesgesundheitsministerium. Die KBV gab deshalb am 15. Dezember 2021 die folgende Empfehlung ab, die man in der Praxis – zumindest bis zu einer weiteren verbindlichen Stellungnahme – als Richtschnur betrachten kann:
- Sobald und soweit die technischen Voraussetzungen für das Nutzen des elektronischen Verfahrens in der Arztpraxis verfügbar sind, ist die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach dem 1. Januar 2022 nach Maßgabe der Anlage 2b Bundesmantelvertrag-Ärzte digital an die zuständige Krankenkasse zu übermitteln.
- Wenn und solange in der Vertragsarztpraxis nach dem 1. Januar 2022 die notwendigen technischen Voraussetzungen zur Übermittlung von elektronischen AU-Bescheinigungen nicht zur Verfügung stehen, ist das im BMV-Ä vorgesehene Ersatzverfahren anzuwenden. Der Versicherte erhält eine mittels Stylesheet erzeugte papiergebundene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Ausfertigungen Versicherter, Krankenkasse und Arbeitgeber). Ein digitaler Nachversand ist nicht erforderlich.
- Wenn und solange in der Vertragsarztpraxis die zuvor beschriebenen Möglichkeiten nicht bestehen, stellt diese dem Versicherten formlos eine papiergebundene AU-Bescheinigung aus. Hierfür kann auch das bisherige Muster 1 der Vordruckvereinbarung verwendet werden.
Weitere Regelungen zur eAU sind: Wird der Versand einer Bescheinigung bei einem Hausbesuch auf postalischem Weg neben einer elektronischen Übermittlung notwendig, kann für eine mittels Stylesheet (Screenshot, Bildschirm-Fotografie) erzeugten papiergebundenen AU an den Patienten im Zusammenhang mit der Besuchsleistung die Nr. 40131 EBM als Kostenpauschale berechnet werden.
Das Gleiche gilt, wenn es aus technischen Gründen nicht möglich ist, die AU elektronisch an die Kasse zu übermitteln. Bei der Umsetzung in einer Videosprechstunde kommt für den gleichen Vorgang als Versandpauschale die Nr. 40128 EBM zum Ansatz.
Relevante GOP im Zusammenhang mit eAU und ePA | ||
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EBM | Legende | Euro |
Elektronische Patientenakte (ePA) | ||
01648 | Sektorenübergreifende Erstbefüllung der ePA | 10,03 |
01647 | Zusatzpauschale zu den Versicherten-, Grund- und Konsiliarpauschalen sowie den Leistungen des Abschnitts 1.7 (ausgenommen in-vitro-diagnostische Leistungen) für die Erfassung und/oder Verarbeitung und/oder Speicherung medizinischer Daten aus dem aktuellen Behandlungskontext in der ePA. Einmal im Behandlungsfall. | 1,69 |
01431 | Zusatzpauschale zu den Nrn. 01430 (Verwaltungskomplex), 01435 (Haus-/Fachärztliche Bereitschaftspauschale) und 01820 (Rezepte, Überweisungen, Befundübermittlung) für Versorgungsszenarien mit ärztlichen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der ePA, in denen keine Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale berechnet wird. Bis zu viermal im Arztfall. Mit Ausnahme der Nrn. 01430, 01435 und 01820 im Arztfall nicht neben anderen Leistungen und nicht mehrfach an demselben Tag berechnungsfähig. | 0,34 |
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) | ||
40128 | Kostenpauschale für die postalische Versendung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gem. § 4 Abs. 4.1.2 Anl. 2b BMV-Ä an den Patienten bei Patientenkontakt im Rahmen einer Videosprechstunde. | 0,81 |
40130 | Versand des Ausdruckes an die Krankenkasse, wenn eine digitale Übermittlung aus technischen Gründen nicht möglich ist, der Arzt dies aber erst bemerkt, wenn der Patient die Praxis bereits verlassen hat und die Übermittlung nicht bis zum Ende des nachfolgenden Werktags nachgeholt werden kann. | |
40131 | Versand der Ausdrucke für Arbeitgeber und Patient nach einem Hausbesuch. | |
Quellen: EBM, KBV |
Die KBV empfiehlt den Vertragsarztpraxen, die Umstellung auf die eAU gut vorzubereiten. Man solle sich die notwendige Technik anschaffen und nach Praxisgesichtspunkten und in Absprache mit dem IT-Dienstleister einen geeigneten Termin für die Umstellung wählen.
Das eRezept ist weiterhin eine Hängepartie
Ende Dezember 2021 hat das Bundesgesundheitsministerium den Gesellschaftern der gematik mitgeteilt, dass in vielen Rückmeldungen zum elektronischen Rezept erhebliche Bedenken geäußert wurden, ob angesichts des noch laufenden Feldtests und nicht hinreichender Erprobung der Prozesskette überhaupt eine fehlerfreie Anwendung des eRezepts ab dem 1. Januar 2022 möglich sei. Der Start zum Jahreswechsel wurde somit praktisch ausgesetzt, einen Termin zur tatsächlichen Umsetzung hat das BMG zunächst nicht genannt.
Entsprechend rät die KBV deshalb zwar zum Aufspielen des Software-Updates, dem Patienten sollte aber ein Papierrezept auf Muster 16 ausgestellt werden, wenn sich zeigt, dass die umliegenden Apotheken keine eRezepte annehmen.
Dieses Vorgehen wird auch nach dem Software-Update grundsätzlich möglich. Mit der aktualisierten Software können Rezepte sowohl in Papierform als auch elektronisch ausgestellt werden. Papierrezepte sind außerdem auch nach der Einführung des eRezeptes für BtM-Rezepte, Rezepte für Blutzuckerteststreifen und Verbandstoffe, Verordnungen für Versicherte von sonstigen Kostenträgern, Verordnungen bei Hausbesuchen, von Heil- und Hilfsmitteln und Sprechstundenbedarf sowie individuell bei technischen Problemen vorgesehen.
Die ePA ist nur auf Wunsch des Patienten zu befüllen
Die elektronische Patientenakte ist weiterhin freiwillig. Auf die ePA vorbereitet sein muss das Praxisverwaltungssystem bereits seit dem 1. Juli 2021. Das Befüllen der ePA ist für die Ärztinnen und Ärzte verpflichtend – allerdings nur auf Wunsch des Patienten.
Seit dem Stichtag kann eine Erstbefüllung der ePA nach Nr. 01648 EBM (89 Punkte, 10,03 Euro) berechnet werden. In der Folge kommt dann die Nr. 01647 (1,69 Euro / 15 Punkte) als Zuschlag zu den Versicherten-, Grund- und Konsiliarpauschalen einmal im Quartal extrabudgetär zum Ansatz, wenn Daten in der ePA erfasst, verarbeitet und/oder gespeichert werden.
Findet in dem betreffenden Quartal kein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt und auch keine Videosprechstunde statt, kommt nur die Nr. 01431 (0,34 Euro / 3 Punkte) zum Ansatz. Die Leistung ist je Arzt oder Psychotherapeut bis zu viermal im Quartal bei einem Patienten berechnungsfähig.
Medical-Tribune-Bericht