Darmkrebsvorsorge: Können DNA-Bluttests die Koloskopie ersetzen?

Autor: Kathrin Strobel

Bald wird es Bluttests mit überzeugender Sensitivität und Spezifität geben. Bald wird es Bluttests mit überzeugender Sensitivität und Spezifität geben. © Kirsty Pargeter – stock.adobe.com

Bisher gilt die Koloskopie als der Goldstandard in der Darmkrebsfrüherkennung. Doch die Untersuchung ist vergleichsweise aufwendig und nicht alle Patienten sind zu einer Darmspiegelung bereit. Als Alternative scheinen vor allem Bluttests infrage zu kommen.

Kolorektalkarzinome sind mit die häufigsten Malignome in den Industrieländern. Weltweit werden pro Jahr etwa 1,3 Millionen Fälle diagnostiziert. Dabei wären die meisten vermeidbar oder zumindest in einem sehr frühen Stadium erkennbar, erklärte Professor Dr. Thomas­ Seufferlein­ vom Universitätsklinikum Ulm. Damit das gelingt, müsste allerdings das Screening optimiert werden. Seit 2002 ist die Darmspiegelung Teil des Versorgungsprogramms in Deutschland und bislang der Goldstandard der Darmkrebsvorsorge und -früherkennung. Allein zwischen 2003 und 2012 wurden 4,4 Millionen Koloskopien durchgeführt.

Allerdings haben die Koloskopie sowie die dafür notwendige Darmvorbereitung bei den Patienten nicht den besten Ruf. Daher ist laut Prof. Seufferlein fraglich, ob sich mit dem neuen Einladungsverfahren die Teilnahmerate überhaupt wesentlich steigern lassen wird. Aus diesem Grund braucht es neue, smarte Verfahren, betonte der ­Kollege.

Tatsächlich verweigerten in einer in Deutschland durchgeführten Studie 63 % der Patienten eine Koloskopie. Einem nicht-invasiven Verfahren stimmten 97 % dieser Verweigerer allerdings zu. Von diesen bevorzugten immerhin 82 % eine Analyse des Bluts, 15 % entschieden sich für einen Stuhltest. Lediglich 3 % lehnten auch diese Arten des Screenings ab. Ähnliches ergab eine amerikanische Befragung.

Doch wie steht es um die Genauigkeit der verschiedenen Verfahren? Die Koloskopie erreicht für die Detektion fortgeschrittener Adenome eine Sensitivität von 73–98 % und eine Spezifität von 89–91 %. Was die Erkennung von kolorektalen Karzinomen angeht, liegt die Sensitivität bei 80–100 % und die Spezifität bei 90–98 %. Im Vergleich hierzu ist der fäkale immunochemische Test (FIT) für Adenome noch immer schwach, betonte der Gastroenterologe. So erreicht der Stuhltest gerade einmal eine Sensitivität von 40 %. Die Spezifität liegt bei 90 %. Für die Detektion von Karzinomen sehen die Werte mit einer Sensitivität von 80 % und einer Spezifität von 91 % schon besser aus.

Ist der Bluttest positiv, folgt eine diagnostische Koloskopie

Der Bluttest Colox® kommt bei Adenomen auf 55,4 % und 90 %, bei Karzinomen auf 79,5 % und 90 %. In der Schweiz ist Colox® bereits seit 2016 zugelassen. Ein weiterer nicht-invasiver blutbasierter Test, Epi proColon®, schafft für Adenome eine Sensitivität von 22–47 % und eine Spezifität von 72 %. Beim Kolorektalkarzinom kommt er immerhin auf 68 % und 79 %. In Deutschland wird Epi proColon® von den gesetzlichen Krankenkassen bislang nicht erstattet, von der US Food and Drug Administration wurde er aber zugelassen für Personen mit einem mittleren Darmkrebsrisiko. Laut Zulassung ist das Verfahren allerdings nur der erste Schritt der Diagnostik und ersetzt die Darmspiegelung nicht vollends. Denn: Wer positiv getestet wird, soll danach der diagnostischen Kolo­skopie zugewiesen werden. Weitere DNA-Bluttests (z.B. VolitionRx NuQ©, NKvue©) befinden sich in der Pipeline.

Auch Schweiß-, Atem- und Tränentests sind denkbar

Die neuen Blutanalyse-Verfahren bereichern das Portfolio in Vorsorge und Screening – ihre diagnostische Performance lässt bislang aber noch zu wünschen übrig, fasste Prof. Seufferlein zusammen. Im Jahr 2030 wird die rein diagnostische Screeningkoloskopie weitgehend verschwunden sein, prophezeite der Kollege. Bis dahin wird es Bluttests mit überzeugender Sensitivität und Spezifität geben, die von den Patienten akzeptiert und von den Kassen erstattet werden.

Denkbar sind aber auch Atem-, Schweiß-, Tränen- und Urintests – hierzu wird fleißig geforscht. Besonders interessant sind Verfahren, die mehrere Parameter in die Analyse miteinbeziehen, erklärte Prof. ­Seufferlein. Auch diese sind derzeit in der Entwicklung oder werden bereits getestet.

Quelle: Viszeralmedizin 2019