Aktivitätstagebuch lenkt von chronischen Schmerzen ab
Ob aus Routine oder angesichts mangelnder Alternativen: Bei chronischen Schmerzen kommen trotz eher dürftiger Therapieeffizienz in erster Linie Pharmaka zum Einsatz. Doch sie zielen nur auf die Symptome der Betroffenen und lassen die dahinter liegenden Mechanismen außer Acht.
Forschungsergebnisse zur Chronifizierung von Schmerzen legen jedoch nahe, dass eine Behandlung vielmehr auf die maladaptiven Veränderungen im Gehirn abzielen sollte, sprich auf affektive und motivationale Prozesse, erklärte Professor Dr. Herta Flor vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit der Universitätsmedizin Mannheim. Für die Praxis bedeutet dies: „Lenken Sie die Aufmerksamkeit Ihrer Patienten weg vom Schmerz, weg von den Einschränkungen in ihrem Alltag.“ Schmerztagebücher bewirken genau das Gegenteil. Tag für Tag halten die Kranken fest, wo, wann, wie stark und in welchem Kontext ihr Leiden auftritt. Damit konzentrieren sie sich auf die negativen Aspekte ihrer Erkrankung, kritisierte die Psychologin.
Ein Aktivitätstagebuch zu führen wäre angesichts der neuen Erkenntnisse vermutlich sinnvoller. Denn darin bewerten die Patienten Aussagen wie „Heute bin ich schmerzfrei“, „Mir fällt mein Alltag leicht“ oder „Ich habe vergangene Nacht erholsam geschlafen“.
Beeinträchtigendes Verhalten langfristig abbauen
Verwendet werden können die bekannten Skalen, die beispielsweise von 0 (trifft gar nicht zu) bis 10 (trifft voll zu) reichen. Die Idee hinter dem Tool ist, den Fokus der Patienten auf positive Aspekte ihres Alltags zu lenken. Langfristig könnte dies helfen, ungünstige und beeinträchtigende Verhaltensweisen abzubauen und förderliche Aktivitäten zu verstärken. Prof. Flor nutzt Aktivitätstagebücher bei ihren Patienten im Rahmen eines „Extinktions-Expositions-Trainings“.
Quelle: 10. Psychiatrie-Update-Seminar