Herzinsuffizienz: Heimlicher Killer bei Diabetes

Autor: Friederike Klein

Wenn Patienten Luftnot schildern, sollte dies abgeklärt werden. Wenn Patienten Luftnot schildern, sollte dies abgeklärt werden. © iStock/AntonioGuillem

Diabetes ist ein Risikofaktor für eine chronische Herzinsuffizienz, eine chronische Herzinsuffizienz ist Treiber der Insulinresistenz. Eine unheilvolle Allianz: Wird bei Patienten mit Diabetes eine Herzinsuffizienz festgestellt, ist die Prognose schlecht. Was bedeutet das für die Versorgung in der Praxis?

Die durchschnittliche Lebensdauer nach Diagnosestellung einer Herzinsuffizienz bei vorbestehendem Diabetes mellitus beträgt nur 3,5 Jahre, erklärte Professor Dr. Stephan Jacob, Endokrinologe und Diabetologe aus Villingen-Schwenningen. Schon seit der Framingham-Studie ist bekannt, dass ein Diabetes ein eigenständiger Risikofaktor für eine Herzinsuffizienz und ein Prädiktor für eine schlechte klinische Prognose ist. Dabei macht es laut Prof. Jacob keinen Unterschied, ob der Herzinsuffizienz eine koronare Herzerkrankung vorausging oder nicht. Immer sind die kardiovaskuläre Mortalität und die Notwendigkeit der stationären Behandlung wegen Herzinsuffizienz bei Patienten mit Diabetes häufiger als ohne.

Es gibt jedoch durchaus eine Dunkelziffer. So wiesen in der PARADIGM-HF-Studie 48 % der Patienten mit Herzinsuffizienz bei Studieneinschluss einen Diabetes auf, der aber bei 13 % zuvor gar nicht bekannt war. Ein weiteres Viertel der Patienten mit Herzinsuffizienz hatte einen Prädiabetes – ebenfalls bei Herzinsuffizienz mit einer verschlechterten Prognose assoziiert.

Auf der anderen Seite ist es aber auch wichtig, eine Herzinsuffizienz bei Patienten mit Diabetes wahrzunehmen. Prof. Jacob empfahl, bei Erstdiagnose eines Diabetes mellitus immer eine Echokardiographie durchzuführen, insbesondere wenn, wie häufig, bereits eine Hypertonie besteht. Und wenn Patienten Luftnot schildern, sollte dies nicht auf die Adipositas oder zu wenig Bewegung geschoben, sondern abgeklärt werden, forderte er.

Dos und Don‘ts der Herzinsuffizienz-Therapie

Zur Therapie der Herzinsuffizienz bei Diabetes gibt es keine eigenen Studien, nur Subgruppenanalysen, berichtete Professor Dr. Nikolaus Marx, Kardiologe an der Uniklinik RWTH Aachen. Die Therapieempfehlungen entsprechen denen bei Herzinsuffizienz. Basis ist eine Therapie mit ACE-Hemmern und Betablockern. Ob mit einem ACE-Hemmer oder einem Betablocker angefangen wird, ist dabei egal, erläuterte Prof. Marx. Wichtig ist, dass letztlich beide „an Bord“ sind. In beiden Fällen sollte mit einer niedrigen Dosis begonnen und in Zwei-Wochen-Intervallen bis zur Zieldosis gesteigert werden. Bei ACE-Hemmern ist das Monitoring der Nierenfunktion wichtig. Bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit sind AT1-Rezeptorenblocker indiziert.

Sind die Patienten immer noch symptomatisch und haben eine linksventrikuläre Auswurffraktion von ≤ 35, kommen bei Herzinsuffizienz Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten, Diuretika bei Wasserretention, in der weiteren Eskalation Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI), Iva­bradin oder Digoxin zum Einsatz – in allen Fällen gibt es keine spezifischen Empfehlungen für Patienten mit Diabetes.

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Bei Herzinsuffizienz mit eingeschränkter ventrikulärer Funktion sind laut Prof. Marx folgende Medikamente kontraindiziert:
  • nicht-steroidale Antiphlogistika,
  • Klasse-I-Antiarrhythmika,
  • Kalziumantagonisten Verapamil und Diltiazem,
  • trizyklische Antidepressiva,
  • Lithium.

Die Wahl der richtigen Antidiabetika bei HI

Nicht alle Antidiabetika sind ähnlich gut geeignet zur Behandlung von Patienten mit Diabetes und Herzinsuffizienz. Glitazone und Saxagliptin gingen in Studien mit einer erhöhten Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz einher und sollten deshalb zur Behandlung von Patienten mit Diabetes bei Herzinsuffizienz vermieden werden, empfahl Prof. Marx. Für Sitagliptin gibt es keine Hinweise auf häufigere Krankenhauseinweisungen wegen Herzinsuffizienz. „Das ist kein Klasseneffekt der DPP4-Hemmer“, betonte Prof. Marx. Vorsicht ist bei Sulfonylharnstoffen geboten: Sie scheinen im Vergleich zu Metformin mit einem erhöhten Herzinsuffizienz-Risiko einherzugehen. Ob eine Insulintherapie das Risiko für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz erhöht, ist noch unklar. Daten aus Registern und Studien sind widersprüchlich. Eindeutig positive Daten zur Diabetestherapie bei Herzinsuffizienz gibt es nur für Empagliflozin und Canagliflozin: Die SGLT2-Hemmer konnten in prospektiven, kon­trollierten Studien das Risiko einer Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz signifikant senken.

Quelle: Diabetes Kongress 2018