Medienabhängigkeit und Onlinespielsucht: „Wie viel ist denn nun normal?“
Fast alle Jugendlichen in Deutschland verfügen heute über Smartphone, Computer oder Laptop sowie einen Internetzugang. Die Zeit, die junge Menschen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren nach eigener Einschätzung online verbringen, hat sich von 2006 bis 2016 verdoppelt. Derzeit liegt sie bei 200 Minuten pro Tag. Da wundert es nicht, dass Dr. Susanne Pechler, Ambulanz für Medienabhängigkeit am Klinikum München-Ost, von vielen Eltern und Patienten gefragt wird: „Wie viel Konsum ist denn nun normal?“
Dr. Pechler betonte, dass bei den meisten Freizeitnutzern keine Erkrankung vorliege und dass man den Gebrauch von Computer und Internet nicht pathologisieren solle. Auch bei problematischer Nutzung mit sozialem Rückzug liege noch keine behandlungsbedürftige Störung vor. Es gibt allerdings gewisse Faktoren, die eine zunehmend krankhafte Internetnutzung befördern. Dazu gehören
- Selbstunsicherheit,
- Ängstlichkeit,
- Selbstwertmangel,
- Depressivität,
- Prokrastinationsneigung („Aufschieberitis“) und
- hohe Online-Selbstwirksamkeit.
Verschiedene Mechanismen nehmen Kinder und Jugendliche bei ihren Spielen im Netz gefangen. Schon die Programme für die Jüngeren arbeiten mit einer intermittierenden Verstärkung. Das funktioniert ähnlich wie eine Therapie, meinte Dr. Pechler: Zu Beginn kann man nicht verlieren. Dann muss man zunehmend häufiger und länger Versuche starten, um bis zum nächsten Level zu kommen. Die Kinder und Jugendlichen geraten dabei quasi in einen Flow, meinte Dr. Pechler.
Eine schwammige Diagnose
- Rahmenbedingungen klären
- Beziehungsaufbau
- Veränderungsmotivation
- funktionaler Computergebrauch und Medienkompetenz
- Psychoedukation nach dem biopsychosozialen Verstehensmodell
- Ressourcenorientierung und -aktivierung
- soziales Kompetenztraining
- Rückfallprävention
- Nachsorge
- Rot steht für Aktivitäten, die keinesfalls ausgeübt werden sollen, z.B. „mein“ Spiel
- Gelb markiert die riskante Beschäftigung: YouTube-Videos, Facebook
- Grün signalisiert unbedenkliche Aktivitäten: E-Mails, Recherche im Studium, Skype
Quelle: 19. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin