Spahn hat das Faxen dicke: Sanktionen und Extrahonorare sollen Digitalisierung vorantreiben

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Beim Faxen sind Übersichtlichkeit und vor allem Datenschutz Fehlanzeige. Beim Faxen sind Übersichtlichkeit und vor allem Datenschutz Fehlanzeige. © iStock/gemenacom

Mit einer gekürzten EBM-Pauschale fürs Faxen und einem höheren Honorarabzug für TI-Verweigerer will Jens Spahn nächstes Jahr die Vertragsärzte dazu bringen, ihre Kommunikation zu digitalisieren.

Rund drei Monate nach Veröffentlichung des „Digitale Versorgung-Gesetzes (DVG)“ hat der Bewertungsausschuss Zeit, um die EBM-Kostenpauschale für den Telefaxversand zu reduzieren. So sieht es der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums vor. Begründet wird der Negativ-Anreiz mit einem geringeren Datenschutz beim Faxen. Fürs Telefax soll der Bewertungsausschuss eine Pauschale festlegen, die höchstens halb so hoch ist wie die Vergütung fürs Versenden eines elektronischen Arztbriefs (EBM-Nr. 86900, zzt. 28 Cent). Nach einem Jahr ist die Faxpauschale nochmals mindestens zu halbieren. Derzeit kann ein Fax wie ein Brief mit 55 Cent (Nr. 40120) berechnet werden.

2,5 % Honorarabzug für Telematik-Verweigerer

Noch teurer wird es, nicht beim Datenverkehr über die Telematik-Infrastruktur (TI) teilzunehmen. Hier will Spahn die Sanktion ab März 2020 von 1 % Honorarabzug auf 2,5 % steigern. „Die Erhöhung der Kürzung ist angemessen, weil sie nur für diejenigen Anwendung findet, die schon mehrere Fristen haben verstreichen lassen“, lautet die Begründung zum Gesetzentwurf.

Die TI-Anbindung ist Voraussetzung für die elektronische Patientenakte (ePA). Spätestens ab Juli 2020 soll klar sein, wie die ärztlichen Leistungen für Anlage und Verwaltung der ePA sowie die Datenspeicherung honoriert werden. Die Krankenkassen müssen ihren Versicherten spätes­tens ab 2021 eine ePA anbieten. Damit diese umfassend genutzt werden kann, müssen sich Apotheken bis März 2020 an die TI anbinden. Die Krankenhäuser haben bis März 2021 dafür Zeit. Pflege- und Rehaeinrichtungen, Hebammen und Physiotherapeuten können das freiwillig tun.

Ärzte dürfen Apps verordnen – und müssen dokumentieren

Der Service einer Video­sprechstunde darf künftig auf der Praxishomepage angekündigt werden. Die Aufklärung durch den Arzt und die Einwilligung des Patienten müssen bisher persönlich oder schriftlich erfolgen, das kann dann auch während der Videositzung geschehen. Telekonsile zwischen Ärzten werden mindestens zwei Jahre lang extrabudgetär vergütet.

Auch sollen Ärzte Software, z.B. Tagebuch-Apps für Diabetespatienten, auf GKV-Kosten verordnen können. „Dafür wird ein zügiger Zulassungsweg für die Hersteller geschaffen“, verspricht das Minis­terium. Nach einer ersten Prüfung zu Datenschutz, Transparenz und Nutzerfreundlichkeit soll eine Anwendung ein Jahr lang vorläufig von der GKV bezahlt werden. In dieser Zeit muss der Hersteller dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nachweisen, dass das Angebot positive Effekte für die Versorgung hat. Wie viel Geld der Hersteller erhält, handelt er mit dem GKV-Spitzenverband aus.

Jens Spahn re­tweetet sich selbst.

Sind digitale Gesundheitsanwendungen zwecks Erprobung erstattungsfähig, vereinbaren die Bundesmantelvertragspartner außerhalb des EBM und der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung eine Vergütung für die Ärzte. Diese honoriert auch deren Beteiligung an der vom BfArM festgelegten Evaluation der Versorgungseffekte, etwa den Dokumentationsaufwand. KBV-Chef Dr. Andreas Gassen begrüßt die Förderung von Video­sprechstunde und Telekonsil. Für die ärztliche Akzeptanz des Digitalisierungsprozesses wäre allerdings „die Erkennbarkeit von Verbesserungen für die Versorgung sinnvoll und nicht die Verschärfung von Sanktionen und zusätzlicher Zwang“. Der App-Verordnung sollte eine effiziente Nutzenbewertung vorgeschaltet sein.

Medical-Tribune-Bericht