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Asthma im Alter: übersehen und unterschätzt

Geschätzte 4 % bis 13 % der über 65-Jährigen leiden an einem Asthma bronchiale – wegen der verbreiteten Unterdiagnostik sind es möglicherweise sogar deutlich mehr. Je nach Manifestationsalter und Krankheitsdauer unterscheidet man bei Senioren drei Phänotypen:
das seit der Kindheit (< 12 Jahre) bestehende Asthma.
das sich spät manifestierte Asthma, wobei manche Studienautoren eine Altersgrenze > 12 Jahre, andere > 65 Jahre definieren.
ein aus der Kindheit bekanntes Asthma, das sich später erneut manifestiert.
Etwa 40 % der „Altersasthmatiker“ über 60 Jahre bemerken die ersten Symptome erst jenseits des 40. Lebensjahres, schreiben US-Lungenspezialisten um Dr. Ryan M. Dunn von der Universität von Colorado in Aurora. Oft geht dem Krankheitsbeginn ein Atemwegsinfekt voraus. Bei einigen Patienten scheint auch die Exposition gegenüber Staubpartikeln oder Reinigungsmitteln eine Rolle zu spielen. Allergien sind dagegen in der Entwicklung des „späten“ Asthmas von untergeordneter Bedeutung.
Mitunter ist Husten das einzige Asthmasymptom
Faktoren wie Rauchen, neu aufgetretene Rhinitissymptome, habituelles Schnarchen, Gewichtszunahme und Adipositas erhöhen das Risiko, ein Late-onset-Asthma zu entwickeln.
Ähnlich wie im jüngeren Alter basiert die Asthmadiagnose bei Älteren auf typischen Beschwerden wie Engegefühl in der Brust, intermittierendem oder nächtlichem Giemen und Atemnot. Husten kann allerdings auch das einzige Asthmasymptom sein. Mit der Wahrnehmung von Dyspnoe tun sich viele Senioren selbst bei erheblicher Obstruktion schwer. So mancher hält Luftnot für „altersbedingt“ oder reduziert seine körperliche Aktivität, damit es erst gar nicht dazu kommt. Nicht selten wird das Symptom anderen chronischen Krankheiten wie Herzinsuffizienz oder Anämie zugeschrieben. Um Fehldiagnosen zu vermeiden, sollte der Arzt diese Faktoren bedenken und immer auch andere chronische Atemwegserkrankungen wie COPD, Bronchiektasen und konstriktive Bronchiolitis ausschließen, fordern die Experten.
Unterschiede zwischen Alt und Jung sind auch bei der Lungenfunktion zu beachten: Beispielsweise verringert sich die relative Sekundenkapazität (Tiffeneau-Index, FEV1/FVC) mit den zunehmenden Lebensjahren. Altersadjustierte Werte können in diesem Fall vermeiden, dass fälschlicherweise eine Obstruktion attestiert wird. Alternativ kann man den FEV1/FEV6-Quotienten bestimmen. Auch Provokationstests (z.B. mit Metacholin) sind im Alter weniger zuverlässig – und bei schlechter Lungenfunktion bzw. kardialer Komorbidität eventuell sogar kontraindiziert. Die wenigen Studien zum Stellenwert des exhalierten NO bei älteren Asthmapatienten sind widersprüchlich.
Symptomkontrolle sowie das Ausschalten oder Reduzieren etwaiger Triggerfaktoren sind die wichtigsten therapeutischen Maßnahmen. Zu diesen zählt selbstverständlich der Rauch-Stopp (sowohl aktiv als auch passiv), auch weil Rauchen den Effekt inhalativer Kortikosteroide mindern kann. Ob eine vorhandene Sensibilisierung gegen bestimmte Aeroallergene den Asthmaverlauf negativ beeinflusst, konnte bis dato nicht sicher geklärt werden.
Spacer und Vernebler können die Therapie erleichtern
Dennoch empfehlen Dr. Dunn und Kollegen, die Exposition möglichst zu reduzieren und bei klinisch relevanter Allergie eine spezifische Immuntherapie (SIT) durchzuführen. Sollte der Patient einen Betablocker einnehmen, ist dabei allerdings Vorsicht geboten, da entsprechende Präparate die Wirkung von Adrenalin im Notfall beeinträchtigen können.
Die medikamentöse Asthmatherapie ist nicht ganz einfach, schon weil sich gerade ältere Patienten häufig mit der Inhalation schwertun. Hier kann neben atemzugaktivierten Devices die Verordnung eines Spacers und nach Auffassung der Autoren auch eines Verneblers helfen. Kurzwirksame Betamimetika haben wegen der im Alter potenziell nachlassenden β2-Rezeptordichte und -aktivität bei Senioren nicht unbedingt den gleichen Effekt wie bei jüngeren Menschen.
Alt kontra jung
Inhalative Steroide werden zu selten eingesetzt
Patienten mit instabiler kardiovaskulärer Begleiterkrankung sind zudem anfälliger für Nebenwirkungen der β2-Agonisten. Ihnen könnte man alternativ kurzwirksame Anticholinergika verordnen, schreiben die Experten. Spezifische Nebenwirkungen dieser Substanzen – Blasenentleerungsstörungen, kognitive Dysfunktion, Stürze u.a. – treten unter den inhalativen Präparaten zwar wesentlich seltener auf als unter den oralen. Dennoch raten die Autoren, die damit behandelten Patienten regelmäßig zu kontrollieren. Inhalative Steroide (ICS) bilden bei persistierendem Asthma das „Rückgrat“ der Therapie. Sie reduzieren nachweislich die Zahl der Todesfälle und der stationären Aufnahmen, werden aber nach Meinung der Autoren bei älteren Patienten zu selten eingesetzt. Ein Review von zehn großen Studien deutet darauf hin, dass die ICS bei älteren Menschen möglicherweise weniger effektiv sind als bei jüngeren. Dies könnte damit zu tun haben, dass bei Senioren häufiger ein Th17-vermitteltes Asthma mit neutrophiler Entzündung vorliegt. Beim eosinophilen, Th2-vermittelten Asthma wirken die ICS deutlich besser.In schweren Fällen sehen selbst Antikörper alt aus
Leukotrien-Rezeptorantagonisten zeigten in Studien bei älteren Asthmatikern einen geringeren Effekt als bei jüngeren. Gleiches gilt für den Anti-IgE-Antikörper Omalizumab bei Patienten mit schwerem Asthma, die auf vorherige Therapien nicht angesprochen haben. Weitere Optionen für schwere Fälle könnten womöglich gegen Interleukin 5 gerichtete Medikamente sein. In einer Subgruppenanalyse zeigte sich für Mepolizumab ein positiver Behandlungseffekt bei Senioren mit eosinophilem Asthma.Quelle: Dunn RM et al. Allergy 2017; online first
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