Gestörter Kalziumstoffwechsel durch Hyperparathyreoidismus

Dr. Alexandra Bischoff

Die minimalinvasive Resektion hat eine hohe Erfolgsrate und gilt als komplikationsarm. (Agenturfoto) Die minimalinvasive Resektion hat eine hohe Erfolgsrate und gilt als komplikationsarm. (Agenturfoto) © iStock/Bergringfoto

Patienten mit primärem Hyperparathyreoidismus leiden häufig unter unspezifischen Symptomen. Viele sind ständig müde, fühlen sich abgeschlagen und antriebslos. Ein Blick auf den Kalziumspiegel liefert meist den entscheidenden Hinweis.

Der primäre Hyperparathyreo­idismus (pHPT) ist eine endokrine Erkrankung, bei der eine oder mehrere Nebenschilddrüsen zu viel Parathormon produzieren. Die vom Kalziumregelkreis unabhängige Produktion des Hormons führt zur vermehrten Resorption des Minerals aus dem Darm sowie zur Knochendemineralisation, was sich letztlich im Anstieg der Kalziumkonzentration im Blut zeigt.

Vor allem Frauen in der Postmenopause betroffen

Die Prävalenz der Erkrankung steigt bei beiden Geschlechtern mit zunehmendem Alter an und manifestiert sich insbesondere bei postmenopausalen Frauen im Alter zwischen 50 und 79 Jahren, schreiben Dr. ­Roswitha ­Köberle von der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie am Kantonsspital Baselland in Liestal sowie Dr. ­Claudine ­Bendik von der dortigen Medizinischen Universitätsklinik, Endokrinologie und Diabetologie.

Man unterscheidet zwischen dem sporadischen pHPT, der u.a. durch Medikamente (z.B. Lithium, Thiaziddiuretika) oder Bestrahlung im Hals-Kopf-Bereich verursacht werden kann, und dem hereditären pHPT. Der symptomatische pHPT äußert sich typischerweise durch Veränderungen an Niere, Skelett, Magen-Darm-Trakt oder Herz-Kreislauf-System sowie durch neuro­psychiatrische Beschwerden (s. Kasten). Die Diagnose wird anhand folgender Laborparameter gestellt:

  • erhöhter Kalziumspiegel, oft um 0,25 mmol/l über Normwert
  • Parathormon erhöht oder in­adäquat normal (Normwert: ­1,5–6,5 pmol/l)
  • Phosphatwert im unteren Normbereich oder knapp darunter
  • Werte für alkalische Phosphatase erhöht
  • niedrige Vitamin-D-Spiegel

Eine 24-Stunden-Urinsammlung, die eine Kalziurie > 10 mmol/l nachweist, schließt eine familiäre hypokalzurische Hyperkalzämie als wichtigste Differenzialdiagnose aus. Mittels Knochendichtemessung von Wirbelsäule, Femur und distalem Radius lassen sich zudem die Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel erfassen. Spezielle CT-Verfahren und der sogenannte ­Trabecular ­Bone ­Score dokumentieren okkulte Wirbelkörperfrakturen.

Stein-, Bein- und Magenpein

So macht sich der primäre Hyper­parathyreoidismus bemerkbar:
  • Osteitis fibrosa cystica mit Knochenschmerzen und Frakturen (vor allem vertebral)
  • braune Tumoren, Knochenzysten
  • Nephrolithiasis, Nephrokalzinose, Polyurie, Polydipsie, verschlechterte glomeruläre Filtration
  • peptische Ulzera, Obstipation, Pankreatitis, verstärkte Reflux­erkrankung, Anorexie
  • Muskelschwäche, Fatigue, Merkleistungsstörung
  • Reizbarkeit, Depression, Schlafstörungen

Die Operation ist die einzige kausale Therapie. Für eine Para­thyreoidektomie gelten folgende Indikationen:
  • Alter < 50 Jahre
  • Serumkalzium um 0,25 mmol/l über Normwert
  • Knochendichte per ­DEXA*: ­T-Wert < -2,5 Standardabweichung und Wirbelfrakturen
  • Kreatininclearence < 60 ml/min
  • Nephrokalzinose oder Nephro­lithiasis
  • Kalziumausscheidung im 24-h-Urin > 10 mmol/Tag und erhöhtes Risiko für Nephrolithiasis
Präoperativ erfolgt eine Lokalisationsdiagnostik mittels Ultraschall am Hals und Szintigraphie (SPECT/CT). Die Sonographie ermöglicht zudem die Beurteilung der Schilddrüse und erlaubt bei Bedarf die entsprechende Operationserweiterung. Stimmen die Befunde bei einem solitären Befall einer Nebenschilddrüse überein (inkl. unauffälliger Larynxbeurteilung), wird eine fokussierte Parathyreoidektomie empfohlen. Das minimalinvasive Verfahren gilt als komplikationsarm und hat eine hohe Erfolgsrate (98 % beim sporadischen pHPT). Fester Bestandteil des Eingriffs ist das intraoperative Monitoring des Parathormonspiegels, dessen Abfall in den Normbereich auf den Erfolg der Operation hinweist. Zugleich bestätigt ein histopathologischer Schnellschnitt, dass es sich beim resezierten Gewebe tatsächlich um Parathyreoidea handelt. Bei negativer präoperativer Lokalisations­diagnostik sowie bei Verdacht auf eine Mehrdrüsenerkrankung erfolgt eine konventionelle bilaterale Halsexploration mit Darstellung aller vier Nebenschilddrüsen.

Therapie mit Cinacalcet und/oder Bisphosphonaten

Falls die Resektion nicht indiziert ist oder vom Patienten abgelehnt wird, sieht das Monitoring so aus:
  • Kontrollen des Serumkalziums und des Parathormons alle sechs bis zwölf Monate
  • DEXA-Scan alle zwei bis drei Jahre
  • Bildgebung der Wirbelsäule bei klinischem Verdacht auf vertebrale Frakturen
  • jährliche Bestimmung des Serumkreatinins und der glomerulären Filtrationsrate
  • Bildgebung bei Verdacht auf Nierensteine, Bestimmung der Kalziumausscheidung im 24-h-Urin
Die Patienten sollten auf eine ausreichende Kalziumaufnahme (1000 mg/d) und Vitamin-D-Versorgung (unterer Grenzwert 75 nmol/l) achten. Als medikamentöse Therapie haben sich ­Cinacalcet zur Senkung des Kalziumspiegels oder Bisphosphonate (z.B. ­Alendronat) zur Verbesserung der Knochendichte allein oder in Kombination bewährt. 

* Dual Energy X-Ray Absorptiometry

Quelle: Köberle R, Bendik CF. Ther Umsch 2020; 77: 433-440; DOI: 10.1024/0040-5930/a001215

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Die minimalinvasive Resektion hat eine hohe Erfolgsrate und gilt als komplikationsarm. (Agenturfoto) Die minimalinvasive Resektion hat eine hohe Erfolgsrate und gilt als komplikationsarm. (Agenturfoto) © iStock/Bergringfoto