Impfungen gegen Pneumokokken und Grippe besser als ihr Ruf

Manuela Arand

Die Grippeimpfung hat auch günstige Effekte auf Herz, Lunge und Hirn. Die Grippeimpfung hat auch günstige Effekte auf Herz, Lunge und Hirn. © iStock/Jovanmandic

Die Wirksamkeit der Impfstoffe gegen Grippe und Pneumokokken ist zwar nicht optimal. Trotzdem sollten Sie Ihren Patienten die Impfungen anbieten – denn sie sind mehr als nur ein Infektionsschutz.

Es stimmt, die Schutzwirkung von Grippevakzinen lässt zu wünschen übrig, vor allem bei älteren Menschen, räumte Dr. Rosario­ Menéndez­, Universität Valencia, ein. Sie gab aber auch zu bedenken, dass keiner anderen Infektion weltweit so viele Menschen zum Opfer fallen: Im Jahr 2017 gab es laut „Global Burden of Disease“ fast 150 000 Grippetodesfälle, darunter knapp die Hälfte bei Patienten über 70 Jahre.

Selbst eine eher maue Schutzrate von 40–50 % kann Leben retten, meinte die Pneumologin. Das gilt vor allem für Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen. Bei der COPD z.B. sinkt die Rate stationär behandlungsbedürftiger Exazerbationen in der Grippesaison um gut ein Drittel, wenn Patienten geimpft sind. Wegen der umfassenderen Schutzwirkung sollten Sie die tetravalente Vakzine verwenden, die nun auch von der Ständigen Impfkommission empfohlen wird und Kassenleistung ist. Das Paul-Ehrlich-Institut hat soeben 17 Mio. Dosen davon freigegeben – das dürfte reichen für alle, die sich impfen lassen sollten und wollen.

Grippe und Pneumokokken erhöhen das Infarktrisiko

Bei den Pneumokokken besteht prinzipiell die Wahl zwischen der 13-valenten Konjugatvakzine (PCV13) und dem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff (PSV23). Die STIKO empfiehlt für chronisch Kranke und über 60-Jährige nur PSV23, sofern sie nicht einen Immundefekt oder ein erhöhtes Meningitisrisiko haben. Letztere sollen erst mit PCV13 und 6–12 Monate später mit PSV23 geimpft werden. Für sie werden auch PSV23-Auffrischimpfungen in sechsjährigem Abstand empfohlen.

Hintergrund dieser Strategie ist einerseits, dass die Sequenz­impfung einen besseren Booster­effekt bringt als PSV23. Andererseits erzeugen Wiederholungsimpfungen mit PSV23 stärkere Impfreaktionen als die Erstimpfung und sollen deshalb nicht generell erfolgen, sondern nur nach individueller Indikation. Bei PCV13 sind Escape-Phänomene beobachtet worden, also dass durch den Impfstoff nicht abgedeckte Serotypen sich stärker ausbreiten. Wie Dr. Menéndez berichtete, befinden sich Konjugatimpfstoffe in der Entwicklung, die bis zu 20 Serotypen abdecken. Sie könnten PSV23 überflüssig machen.

Beide Impfungen kommen Patienten mit kardiovaskulären (und natürlich pneumologischen) Grund­erkrankungen besonders zugute. Denn die durch Grippeviren induzierte systemische Inflammation kann atherosklerotische Plaques destabilisieren und so einen Infarkt begünstigen. Eine gerade begonnene große Studie prüft die Hypothese, dass die Influenzaimpfung Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz vor kardiovaskulären Komplikationen bewahrt.

Auch Pneumokokkenpneumonien erhöhen akut das Infarktrisiko: Die kardialen Biomarker bleiben noch einen Monat nach der Pneumonie signifikant erhöht, wie kürzlich festgestellt wurde. Relativ neu ist auch die Erkenntnis, dass Pneumonien den kognitiven Abbau im Alter beschleunigen. Es gibt viele gute Gründe, Patienten mit chronischen Herz- oder Lungenerkrankungen gegen beide Infektionen zu impfen: Individual- und Herdenschutz, weniger Antibiotikaverbrauch und Resistenzen, günstige Nebeneffekte auf Herz-Kreislauf-System und Hirn. Jetzt müssen nur noch bessere Impfstoffe her.

Quelle: ERS* Congress 2019

* European Respiratory Society

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Die Grippeimpfung hat auch günstige Effekte auf Herz, Lunge und Hirn. Die Grippeimpfung hat auch günstige Effekte auf Herz, Lunge und Hirn. © iStock/Jovanmandic