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Sechs Targets in der HFpEF-Therapie

Noch vor fünf Jahren beschränkten sich die therapeutischen Empfehlungen bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) darauf, Risikofaktoren zu reduzieren, Komorbiditäten zu behandeln sowie Diuretika zur Symptomkontrolle zu geben. Weit gekommen ist man damit allerdings nicht. Die Heterogenität der Befunde und Ursachen steht einer „One size fits all“-Strategie entgegen. Mittlerweile lassen sich anhand pathophysiologischer „Targets“ Therapiekonzepte ableiten, die zumindest Subgruppen von HFpEF-Patienten nutzen dürften. Bessere Stratifizierung wird nötig sein, um jedem einzelnen die angemessene Behandlung angedeihen zu lassen, erklärte Professor Dr. Burkert Pieske, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
Target 1: Fibrose, Hypertrophie, diastolische Funktionsstörung
Hier könnten Mineralokortikoidantagonisten (MRA) gute Dienste leisten. Die Idee ist nicht neu, sie wurde schon Anfang der 2010er-Jahre mit Spironolacton in der TOPCAT-Studie erstmals erprobt.1 Die Ergebnisse waren bekanntlich gemischt. Krankenhausaufenthalte wegen Herzinsuffizienz (HHI) wurden reduziert – „immerhin etwas, sonst haben wir ja wenig in der Hand“, meinte Prof. Pieske. Die erhoffte Reduktion der kardiovaskulären Mortalität blieb jedoch aus. Die Studie hatte methodische Schwächen. Trotzdem reichte es für eine IIb-Empfehlung in der amerikanischen Leitlinie, nicht aber in der europäischen.2, 3
Das Deutsche Zentrum für Herzkreislaufforschung führt derzeit die Studie SPIRIT HF mit 2100 Patienten durch, deren Ejektionsfraktion (EF) mindestens 40 % beträgt. Sie werden über vier Jahre mit Spironolacton oder Placebo behandelt, primärer Endpunkt ist die Kombination von Hospitalisierung wegen Herzinusffizienz und Herztod. Prof. Pieske rechnet damit, dass vor allem Patienten profitieren können, deren EF am unteren Ende des Spektrums liegt. Eine weitere große Outcome-Studie läuft mit dem nicht-steroidalen und vergleichsweise nebenwirkungsarmen Drittgenerations-MRA Finerenon.
Target 2: natriuretische Peptide
„Für mich ist die HFpEF eine Art Locked-in-Syndrom“, sagte Prof. Pieske: Der Ventrikel ist klein, steif und hypertrophiert. Die Ventrikelwand wird wenig gedehnt als Stimulus, um natriuretische Peptide freizusetzen. Die Studie PARAGON-HF mit dem ARNI Sacubitril/Valsartan, der die Verfügbarkeit von BNP durch Abbauhemmung erhöht, hat zwar bei der Risikoreduktion für HHI und kardiovaskulären Tod die Signifikanz knapp verfehlt.4 Bestimmte (vordefinierte) Subgruppen, vor allem Frauen und Patienten mit einer EF unterhalb des Medians von 57 %, profitieren aber wohl von dem Therapieprinzip.
Target 3: Metabolismus
Mit diesem Stichwort umschreibt Prof. Pieske die Tatsache, dass die aus der Diabetestherapie stammenden SGLT2-Hemmer zu den größten Hoffnungsträgern bei Herzinsuffizienz avanciert sind. Der Erste, Dapagliflozin, wurde gerade für die HFrEF zugelassen. Es hatte sich gezeigt, dass er die Prognose der Patienten unabhängig davon verbessert, ob sie einen Diabetes haben oder nicht.5, 6 Zurzeit laufen zwei große placebokontrollierte Endpunktstudien bei HFpEF, EMPEROR-Preserved mit Empagliflozin und DELIVER mit Dapagliflozin. Beide sollen 2021 Ergebnisse liefern. „Die Kombination aus MRA, ARNI und SGLT2-Hemmer könnte die Pathophysiologie bei HFpEF gut anpacken“, meinte der Berliner Kardiologe.
Target 4: kausal angehbare spezifische Ätiologien
Zu diesen zählen neben schweren Klappenvitien u. a. die Transthyretin-Amyloidose (ATTR) und die hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (HOCM). Für beide sind oder werden spezifische Therapien verfügbar: für die ATTR der Transthyretin-Stabilisator Tafamidis, für die HOCM der Myosin-Modulator Mavacamten. Letzterer hat gerade erst in der Studie EXPLORER-HCM gezeigt, dass er das NT-proBNP deutlich senkt und die NYHA-Klasse verbessert.7
Natürlich betrifft das nur einen Teil der HFpEF-Patienten, aber möglicherweise mehr als gemeinhin vermutet. „Die ATTR kommt häufiger vor, als wir denken“, meinte Prof. Pieske und zitierte eine spanische Studie, die bei 13 % des HFpEF-Kollektivs eine ATTR gefunden hat.8
Target 5: Druckerhöhung im linken Vorhof
Betroffene Patienten werden symptomatisch mit Dyspnoe und Leistungsabfall, weil es durch die Füllungsstörung bei Belastung zum Druckanstieg im linken Vorhof und zum Lungenstau kommt, erklärte Prof. Pieske. Interatriale Shuntsysteme per Stent, die nur bei Belastung aktiv werden, senken den Druck im linken Vorhof. Die Phase-1-Studie REDUCE LAP-HF hat gezeigt, dass die Belastbarkeit von HFpEF-Patienten dadurch steigt.9 Weil der Shunt nur passager offen steht, gibt es bisher keinen Hinweis, dass es zur Rechtsherzbelastung kommt.
Target 6: Adipositas und Dekonditionierung
Beim typischen HFpEF-Patienten – meist älter, oft übergewichtig und konditionsschwach – bildet strukturiertes körperliches Training einen essenziellen Teil der Behandlung. Die Ex-DHF-Studie untersucht gerade, was sich langfristig erreichen lässt, wenn man Patienten dazu bringt, regelmäßig zu trainieren.10 Für Prof. Pieske steht jetzt schon fest, dass Training auf Rezept wesentlich zum Therapieerfolg beiträgt.
Noch nicht auf der Agenda steht als potenzielles Target Nr. 7 die chronische subklinische Entzündung. Prof. Pieske würde dazu gerne eine Studie mit Colchizin bei HFpEF aufsetzen, schließlich hat das Uralt-Gichtmittel kürzlich erst einen guten Effekt gegen Atherosklerose demonstrieren können.
* Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung; Online-Veranstaltung
Quellen:
1. Pitt B et al. N Engl J Med 2014; 370: 1383-1392; DOI: 10.1056/NEJMoa1313731
2. Yancy CW et al. Circulation 2017; 136: e137-e161; DOI: 10.1161/CIR.0000000000000509
3. Ponikowski P et al. Eur Heart J 2016; 37: 2129-2200; DOI: 10.1093/eurheartj/ehw128
4. Solomon SD et al. N Engl J Med 2019; 381: 1609-1620; DOI: 10.1056/NEJMoa1908655
5. Presseinformation von AstraZeneca, 5.11.2020
6. McMurray JJV et al. N Engl J Med 2019; 381: 1995-2008; DOI: 10.1056/NEJMoa1911303
7. Olivotto I et al. Lancet 2020; 396: 759-769; DOI: 10.1016/S0140-6736(20)31792-X
8. González-López E et al. Eur Heart J 2015; 36: 2585-2594; DOI: 10.1093/eurheartj/ehv338
9. Hasenfuß G et al. Lancet 2016; 387: 1298-1304; DOI: 10.1016/S0140-6736(16)00704-2
10. Edelmann F et al. Eur J Heart Fail 2017; 19: 1067-1074; DOI: 10.1002/ejhf.862
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