Bei Nieren- und Herzinsuffizienz den Kaliumspiegel im Blick behalten

Dr. Andrea Wülker

Das kardiorenale Syndrom, dürfte angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung künftig gehäuft auftreten. Das kardiorenale Syndrom, dürfte angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung künftig gehäuft auftreten. © iStock/Suphaporn

Herz- und Niereninsuffizienz treten nicht selten kombiniert auf und können den Kaliumhaushalt durcheinanderbringen. Die größeren Probleme bereitet dabei die Hyperkaliämie, denn es gibt Interferenzen mit der Therapie der Grunderkrankungen.

Weltweit leiden etwa 10 % der Männer und 12 % der Frauen an einer chronischen Nierenerkrankung, bei jeweils 50 % in Verbindung mit einer eingeschränkten Nierenfunktion. Zu den weitverbreiteten Erkrankungen zählt auch die Herzinsuffizienz mit einer Prävalenz von 1–2 % in Europa. Und die Kombination, das kardiorenale Syndrom, dürfte angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung künftig gehäuft auftreten, schreiben Dr. Moritz Schanz und Professor Dr. Mark Dominik Alscher von der Allgemeinen Inneren Medizin und Nephrologie am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart.

Diuretika verursachen in 50 % der Fälle eine Hypokaliämie

Das kardiorenale Syndrom geht vermehrt mit Störungen des Kaliumgleichgewichts einher. Eine Hypokaliämie (s. Kasten) entwickelt sich meist durch die Therapie. Denn einerseits sind beide Erkrankungen oft mit Bluthochdruck assoziiert, der mit einem Thiaziddiuretikum behandelt wird. Andererseits erhalten sowohl Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz als auch mit chronischer Herzinsuffizienz ein Diuretikum, um die Restausscheidung zu sichern oder die venöse Stauung zu lindern.

Hyperkaliämieinduzierende Medikamente (Auswahl)

  • Betablocker
  • Digitalis (bzw. Digitalisintoxikation)
  • kaliumsparende Diuretika (Amilorid, Triamteren etc.)
  • Aldosteronantagonisten (Spironolacton, Eplerenon)
  • ACE-Hemmer (Ramipril)
  • Angiotensin-II-Blocker (Candesartan)
  • Heparin
  • COX-Hemmer (ASS, Ibuprofen, Diclofenac etc.)

Diuretika führen in bis zu 50 % zu Hypokaliämien. Ein leichter Abfall macht sich klinisch kaum bemerkbar – kann aber genauso gut dramatische Auswirkungen auf Herz, Niere und Muskulatur haben. Da man bei Nieren- und Herzschwäche auf die Gabe von Diuretika nicht verzichten kann, muss der Mineralstoff substituiert werden. Wenn irgend möglich, sollte das oral mit Kaliumcitrat erfolgen, empfehlen die Autoren. Bei schwerem oder symptomatischem Defizit ist eine parenterale Kaliumgabe notwendig. 20 mmol Kaliumchlorid steigern den Wert etwa um 0,25–0,5 mmol/l. Herz- und niereninsuffiziente Patienten benötigen unter der Therapie ein engmaschiges Monitoring, um eine bedrohliche Überkorrektur mit Hyperkaliämie zu vermeiden. Eine Hyperkaliämie (s. unten) entsteht vor allem durch Störungen in der Ausscheidung aufgrund einer präterminalen Niereninsuffizienz. Sie kann aber auch mit der verabreichten Medikation zusammenhängen. Bei Herzinsuffizienz-Patienten, v.a. solchen mit gleichzeitig eingeschränkter Nierenfunktion, ist das die führende Ursache für diese Elektrolytstörung.

Kaliumwert aus dem Ruder

Hyperkaliämie: Meist wird ab einem Serum-Kalium > 5,5 mmol/l von einer Hyperkaliämie gesprochen. Andere Definitionen unterscheiden:
  • leichte Hyperkaliämie (5,0– 5,5 mmol/l)
  • mittelschwere Hyperkaliämie (5,5–5,9 mmol/l)
  • schwere Hyperkaliämie (> 6,0 mmol/l)
Eine Hypokaliämie liegt bei Werten < 3,5 mmol/l vor, eine schwere ab Spiegeln < 2,5 mmol/l.

ine diskrete Erhöhung des Serumkaliums macht sich wie ein leichtes Absinken klinisch oft nicht bemerkbar. Eine schwere Hyperkaliämie oder ein schneller Anstieg kann jedoch zu EKG-Veränderungen und lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen. Das Ausmaß muss dabei nicht mit dem Spiegel korrelieren. Eine Hyperkaliämie mit Serumwerten ≥ 6,5 mmol/l oder Symptomen bzw. bedrohlichen EKG-Veränderungen gilt als Notfall und bedarf der intensivmedizinischen Überwachung, ggf. mit sofortiger Dialyse. Zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz gehören u.a. Betablocker, ACE-Hemmer und Aldosteron-Antagonisten. Letztere bereiten im Elektrolythaushalt Probleme, denn bereits ab einer Dosis von 25 mg/d droht eine Hyperkaliämie. Ein Dilemma besteht auch bei chronischer Niereninsuffizienz unter der Gabe von ACE-Hemmern oder AT1-Rezeptor-Antagonisten. Durch die Renin-Angiotensin-Aldosteron-System(RAAS)-Inhibition lässt sich zwar einerseits das Progressionsrisiko um zirka 30 % senken, andererseits begünstigt sie aber Hyperkaliämien, die nicht selten zum Therapieabbruch führen. Akut lässt sich das Problem über verschiedene Wege (Gabe von z.B. Insulin/Glukose, Natriumbikarbonat oder klassische Austauscherharze) beherrschen.

Kaliumspiegel medikamentös unter Kontrolle halten

Lange fehlte es aber an wirksamen Ansätzen gegen die chronische Hyperkaliämie. Mittlerweile gibt es zwei vielversprechende Optionen: Die nicht-resorbierbaren Substanzen Zirconium-Cyclosilikat und Patiromer binden als intestinale Kationenaustauscher Kalium im Darm und senken dadurch die Serumkonzentration. Trotz einer hyperkaliämiefördernden Medikation sollen diese beiden Arzneimittel die Werte langfristig unter Kontrolle halten und damit eine wirksamere Behandlung der chronischen Nieren- und Herzinsuffizienz ermöglichen.

Quelle: Schanz M, Alscher MD. internistische praxis 2020; 62: 503-515

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Das kardiorenale Syndrom, dürfte angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung künftig gehäuft auftreten. Das kardiorenale Syndrom, dürfte angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung künftig gehäuft auftreten. © iStock/Suphaporn