SGLT2-Hemmer: Umdenken bei der Herzinsuffizienz

Manuela Arand

Durch Herzinsuffizienz verursachte Klinikaufenthalte wurden insgesamt um 30 % reduziert. Durch Herzinsuffizienz verursachte Klinikaufenthalte wurden insgesamt um 30 % reduziert. © iStock/justhavealook

Mit einem ACE-Hemmer plus Beta­blocker ist es bei Patienten mit chronischer Linksherz­insuffizienz wohl nicht mehr getan. In hohem Maße können die Kranken von der Behandlung mit einem SGLT2-Hemmer profitieren, selbst wenn sie keinen Diabetes haben.

Die randomisierte und placebokontrollierte Doppelblindstudie EMPEROR-Reduced gehört zu dem Programm, in dem der SGLT2-Hemmer Empagliflozin bei verschiedenen herz- und nierengefährdeten Populationen mit und ohne Diabetes erprobt wird. Darin hatte man nur Patienten eingeschlossen, die folgende Kriterien erfüllten:

  • chronische Herzinsuffizienz mit linksventrikulärer Ejektionsfraktion ≤ 40 % (HFrEF),
  • Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz in den zurückliegenden zwölf Monaten oder
  • hohe Spiegel natriuretischer Peptide (NT-proBNP > 1000 pg/ml).

Dadurch sollte sichergestellt werden, dass es sich um eine Studienpopulation mit hohem Risiko für herzinsuffizienzassoziierte Komplikationen handelte, erläuterte Studienleiter Professor Dr. Milton Packer­ vom Baylor University Medical Center, Dallas. Die Studie wurde von Boehringer Ingelheim­ und Eli Lilly finanziert.

Die Behandlung in der Verumgruppe bestand aus 10 mg Empagliflozin pro Tag zusätzlich zur Standardmedikation aus RAS-Inhibitoren und Betablockern. Primärer Endpunkt war die Kombination von kardiovaskulärem Tod und herzinsuffizienzbedingter Hospitalisierung (HHI). Als sekundäre Endpunkte hatten die Untersucher die Gesamtzahl der ersten und rezidivierenden HHI sowie den renalen Funktionsverlust gewählt, gemessen am GFR-Rückgang über die Zeit.

Primärer Endpunkt trat hochsignifikant seltener auf

Insgesamt nahmen 3730 Patienten an der Studie teil, das Follow-up betrug median 16 Monate. In diesem Zeitraum ereigneten sich 462 primäre Endpunkte unter Placebo, aber nur 361 unter Empagliflozin. Das entspricht einer relativen Risiko­minderung um 25 % (p < 0,0001).

Wie zu erwarten, war das Ergebnis vor allem durch einen Rückgang der HHI um fast ein Drittel getrieben. Der Effekt auf kardiovaskuläre Todesfälle fiel wesentlich geringer aus (-8 %). Präspezifizierte Subgruppenanalysen nach Alter, Geschlecht, Ethnie, BMI und geschätzter glomerulärer Filtrationsrate (eGFR) ergaben keinen Hinweis, dass bestimmte Patienten nicht von der SGLT2-Hemmung profitiert hätten. Dabei machte es keinen Unterschied, ob die Patienten diabeteskrank waren oder nicht und ob sie als Hintergrundmedikation einen Mineralokortikoid­antagonisten oder ARNI bekamen.

Erfolge auch bei den sekundären Endpunkten: Durch Herzinsuffizienz verursachte Klinikaufenthalte wurden insgesamt um 30 % reduziert (von 553 auf 388, p = 0,0003), der kombinierte renale Endpunkt (Dialysepflicht oder anhaltender Rückgang der eGFR) sogar exakt halbiert. Die eGFR-Kurven sahen so aus, wie man sie aus Vorgängerstudien kennt. Aufgrund der Druck­entlastung im Glomerulum gab es anfangs einen stärkeren Abfall unter dem SGLT2-Hemmer, dann folgte eine Stabilisierung, während die eGFR unter Placebo immer weiter abnahm. Die Differenz am Studienende lag bei 2,1 ml/min (p < 0,0001).

Verbesserte Lebensqualität, gute Verträglichkeit

Rund einen Monat nach Absetzen der Studienmedikation, als der Anfangs-„Dip“ unter SGLT2-Hemmung wieder kompensiert war, betrug der Rückgang 0,9 ml/min unter Empagliflozin und 4,2 ml/min unter Placebo. „Das zeigt uns, dass die Substanz die progrediente Verschlechterung der Nierenfunktion verhindert, die wir bei Patienten mit Herzinsuffizienz sehen“, kommentierte Prof. Packer.

Und was sagen die Patienten? Deren Lebensqualität stieg unter dem Verum deutlich an, der Unterschied im KCCQ** lag nach einem Jahr bei 1,61 Punkten. Dazu passt die gute Verträglichkeit, die dem bekannten Nebenwirkungsprofil von SGLT2-Hemmern entsprach. Schwere unerwünschte Wirkungen traten sogar etwas seltener auf als unter Placebo.

EMPEROR-Reduced vorausgegangen war DAPA-HF, die erste Herzinsuffizienzstudie mit einem SGLT2-Hemmer, an der auch Patienten ohne Typ-2-Diabetes teilgenommen hatten. Die Patienten in EMPEROR-Reduced waren kränker als die in DAPA-HF, betonte Prof. Packer. Sie hatten eine niedrigere Ejektionsfraktion, höhere NT-proBNP-­Spiegel und eine niedrigere GFR. Etwa doppelt so viele bekamen den ARNI Sacubitril/Valsartan als Hintergrundtherapie. Entsprechend höher fiel die Ereignisrate aus, sie lag in der Placebogruppe bei 21 pro 100 Patientenjahre und damit 40 % über der in DAPA-HF.

Die Wirksamkeitsdaten hinsichtlich des primären Endpunkts und der HHI fielen nahezu identisch aus, beim renalen Endpunkt war das Ergebnis in EMPEROR-Reduced numerisch etwas besser, beim kardiovaskulären Tod in DAPA-HF. Prof. Packers Fazit: „Wir glauben, dass die Ergebnisse von EMPEROR-Reduced und DAPA-HF zusammengenommen ausreichen, um SGLT2-Hemmer als neuen Therapiestandard bei Patienten mit HFrEF zu etablieren.“

Intensive Therapie könnte Sterblichkeit halbieren

Dass Empagliflozin scheinbar weniger effektiv auf das kardiovaskuläre Sterberisiko wirkt, könnte der Tatsache geschuldet sein, dass die Patienten in EMPEROR-Reduced bereits schwerer krank waren als in DAPA-HF, ergänzte Professor Dr. Marco Metra, Universität Brescia: „Möglicherweise ist der Effekt größer, wenn diese Wirkstoffe früh im Krankheitsverlauf eingesetzt werden.“

Er wies darauf hin, wie sehr Ärzte ihren HFrEF-Patienten nutzen könnten, wenn sie alle Erkenntnisse der letzten Jahre umsetzen würden. Im Vergleich zur alten Standardtherapie mit ACE-Hemmer plus Betablocker lasse sich durch ARNI statt ACE-Hemmer und Zugabe von Mineralokortikoidantagonisten und SGLT2-Hemmern das Risiko einer Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz um fast 70 % senken und das Herztodrisiko sowie die Gesamtmortalität halbieren. 

** Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire

Quelle: ESC* Congress 2020 – The Digital Experience (* European Society of Cardiology )

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Durch Herzinsuffizienz verursachte Klinikaufenthalte wurden insgesamt um 30 % reduziert. Durch Herzinsuffizienz verursachte Klinikaufenthalte wurden insgesamt um 30 % reduziert. © iStock/justhavealook