Wenn Insulinpflicht auf Insulinresistenz trifft

Friederike Klein

Das Leben mit Typ-1-Diabetes ist ein ständiger Balanceakt. Das Leben mit Typ-1-Diabetes ist ein ständiger Balanceakt. © iStock/alphaspirit

Personen mit Typ-1-Diabetes weisen immer häufiger auch Adipositas auf. Außer konsequentem Schulen ist den Dia­betes­teams jedoch nur wenig an die Hand gegeben – denn viele der gängigen Thera­pien können andere Probleme nach sich ziehen.

Natürlich falle unter der steigenden Prävalenz übergewichtiger Menschen mit Typ-1-Diabetes die stetig wachsende Gruppe von betroffenen Kindern und Jugendlichen besonders auf, sagte Prof. Dr. Bart van der Schueren­ vom Universitätshospital Leuven. Das Problem betreffe jedoch alle Altersklassen gleichermaßen. Gründe dafür sieht er neben der glukozentrierten Therapie v.a. in häufigen und ggf. zu reichhaltigen Snacks, die eigentlich Hypoglyk­ämien vorbeugen sollen, aber eben auf Dauer das Gewicht erhöhen.

Meist sind Medikamente für die Indikation nicht zugelassen

Der Endokrinologe geht dabei von einem bidirektionalen Zusammenhang zwischen Typ-1-Diabetes und Adipositas aus: „Die Insulintherapie führt zu einer Gewichtszunahme und die Adipositas fördert eine Insulinresistenz. Das macht immer höhere Insulindosen notwendig.“

Den Betroffenen zu helfen ist jedoch gar nicht so einfach. Diäten und körperliche Aktivität können bei Typ-1-Diabetes das Risiko von Hypoglykämien erhöhen, weshalb die betreuenden Diabetesteams ihre Patienten sorgsam schulen und begleiten müssen. Medikamente zu Prävention bzw. Therapie sind für die Indikation der Gewichtszunahme nicht zugelassen und würden eine weitere langfristige Einnahme nötig machen. Zudem schwingt bei SGLT2-Inhibitoren immer auch die Gefahr von diabetischen Ketoazidosen mit, was wiederum die Notwendigkeit einer guten Schulung unterstreicht. GLP1-Rezeptoragonisten würden außerdem zusätzliche Injektionen bedeuten, gab Prof. Van der Schueren zu bedenken.

Zur bariatrischen Chirurgie liegen für Personen mit Typ-1-Diabetes und Adipositas kaum Daten vor. Man wisse aber, dass die Eingriffe neben dem ohnehin bestehenden Risiko für Komplikationen bei den Betroffenen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Hypoglyk­ämien und diabetischen Ketoazidosen einhergehen. Außerdem ist die entstehende Nährstoffdefizienz zu beachten.

Übersichtsarbeit zur Adipositas und Typ-1-Diabetes

Aufgrund dieser Aussichten fordert der Referent mehr Studien zu diesem Thema und größere Präventionsanstrengungen, um die Entstehung von Adipositas bei Typ-1-Diabetes möglichst zu vermeiden. Zusammen mit weiteren Forschenden hat er eine Übersichtsarbeit zum Status quo publiziert.1

1. Van der Schueren B et al. Lancet Diabetol Endocrinol 2021; DOI: 10.1016/S2213-8587(21)00246-1

Quelle: EASD Annual Meeting 2021

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