Videosprechstunde Fernbehandlung aus dem Homeoffice
Laut Musterberufsordnung sind Ärzte für ihre Tätigkeit zwar an den Praxissitz gebunden. Jedoch sind berufsrechtlich bestimmte Ausnahmen möglich. So ist die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit an bis zu zwei weiteren Orten erlaubt. Das Berufsrecht definiert dies nicht, die im Sozialrecht anwendbare Zulassungsverordnung für Vertragsärzte stellt aber auf Zweigpraxen und ausgelagerte Praxisräume ab.
Videosprechstunden waren nicht das Leitbild bei der Abfassung der Musterberufsordnung und der Zulassungsverordnung. Die Regelungen sind also entsprechend auszulegen.
Für Privat- und Vertragsärzte gelten gleiche Grundsätze
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass im Vertragsarztrecht dem Wortlaut nach Videosprechstunden von zu Hause aus nicht möglich sind. Das Berufsrecht kann man dagegen dahingehend auslegen, dass es eine solche Beschränkung zumindest nicht expressis verbis gibt. Damit erscheint eine Ungleichbehandlung von Privat- und Vertragsärzte nicht ausgeschlossen.
Was verlangt die KV?
1. Datenschutz als Bedingung
Ärzte sind berufsrechtlich dazu verpflichtet, jeden Ort, an dem sie ihre Tätigkeit ausüben, so einzurichten, dass die ordnungsgemäße Versorgung von Patienten gewährleistet ist. Neben hygienischen Anforderungen gilt dies insbesondere für die personelle und räumliche Ausstattung sowie die Wahrung der ärztlichen Verschwiegenheit und des Datenschutzes. Für Videosprechstunden von zu Hause bedeutet dies, dass insbesondere Strom- und Internetversorgung, eine sichere Kommunikation und Datenschutz gewährleistet werden müssen. Explizite Vorgaben für die vertragsärztliche Tätigkeit bei Videosprechstunden gibt Anlage 31b zum Bundesmantelvertrag-Ärzte. Aufgrund eines fehlenden physischen Kontakts bei Videosprechstunden spielen hygienische Bestimmungen eine untergeordnete Rolle. Auch die personelle und räumliche Ausstattung kann unter dem Vorbehalt des Sicherstellens einer sorgfältigen Leistungserbringung geringer ausfallen. In Abhängigkeit der konkreten Leistung muss eine solche Bewertung einzelfallbezogen erfolgen. Lässt die personelle oder räumliche Ausstattung Videosprechstunden von zu Hause aus nicht zu, so ist deren Abhalten auch nicht erlaubt.2. Vorsicht: implizite Grenzen
Gemäß Musterberufsordnung müssen Mediziner – unabhängig davon, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung tätig werden – die Versorgung des Patientenkollektivs sicherstellen. Wenngleich ärztliche Leistungen per Videosprechstunden von zu Hause aus rechtlich nicht pauschal untersagt werden können, so müssen sie doch mit möglichen Ansprüchen weiterer Patienten in Einklang gebracht werden. Die Niederlassung dient schließlich dem Zweck, der versorgungsbedürftigen Bevölkerung physischen Zugang zu eben dieser Versorgung zu gewähren. Zwar sind eine flächendeckende Versorgung und die Erreichbarkeit mittels Telekommunikation im Ansatz stets gegeben. Nicht immer kann das Versorgungsbedürfnis des Patienten aber durch Videosprechstunden befriedigt werden.Versorgung anderer Patienten nicht vernachlässigen
Deshalb muss die Online-Sprechstunde von zu Hause aus auch vor dem Hintergrund der Gesamtversorgung betrachtet werden. Es bietet sich diesbezüglich entweder eine klare terminliche Planung oder das Verschieben von Videosprechstunden ans Ende eines Arbeitstages an, um die Notwendigkeit einer anschließenden Versorgung am Praxissitz zu vermeiden. Fazit: Wo der Arzt sich befindet, ist für die sorgfältige Leistungserbringung in bestimmten Fällen nicht unmittelbar relevant. Weder die Bestimmungen zu Videosprechstunden noch die zur Niederlassung oder die zum Versorgungsauftrag stellen absolute Hindernisse für eine Videosprechstunde von zu Hause aus dar. Der Arzt sollte allerdings nicht nur das individuelle Patientenverhältnis, sondern auch seinen Versorgungsauftrag gegenüber dem Patientenkollektiv betrachten. Damit werden insbesondere Anforderungen an die tägliche Organisation des Praxisablaufs und die Patientenkoordination gestellt. Stets zu berücksichtigen ist der Grundsatz der sorgfältigen Leistungserbringung.Medical-Tribune-Gastautorenbeitrag