Jugendlichen Gehirnen scheint Kiffen auf lange Sicht doch wenig zu schaden

Autor: Michael Brendler

Macht kiffen wirklich dumm? Langfristig scheint es hierfür keine Anhaltspunkte zu geben. Macht kiffen wirklich dumm? Langfristig scheint es hierfür keine Anhaltspunkte zu geben. © fotolia/Remo

Macht Kiffen dumm oder erholen sich die Hirnzellen nach dem Rausch wieder? Die Belege für langfristige kognitive Defizite bei jungen Dauerkonsumenten sind recht dürftig. Anlass zur Entwarnung ist das aber noch nicht.

Der Konsum von Cannabis nimmt zu, auch weil Gesetze und Medizin in ihrem Umgang mit der Droge immer großzügiger werden. Angesichts dieses Trends sei es umso wichtiger, meinen Dr. Cobb Scott von der Perelman School of Medicine der Universität Pennsylvania und Kollegen, sich noch einmal intensiv mit den potenziellen Risiken des Cannabisgebrauchs zu beschäftigen.

Nach drei Tagen Abstinenz keine Einschränkungen mehr

Gerade die Konfrontation des adoleszenten Gehirns mit dem Rauschmittel macht Dr. Scott Sorgen, trifft sie das Nervensystem doch in einer recht vulnerablen Phase. Gemeinsam mit anderen hat er deshalb noch einmal einen Blick in die Literatur geworfen und 69 Untersuchungen zum Thema mit fast 9000 Personen studiert. Besonderes Augenmerk haben die Wissenschaftler dabei auf die langfristigen kognitiven Funktionen der Cannabiskonsumenten gelegt.

„Anders als frühere Untersuchungen haben wir wenig Anhaltspunkte für ernsthafte negative Folgen auf die kognitive Leistungsfähigkeit gefunden“, so das Ergebnis ihrer Metaanalyse. Zwar gab es durchaus signifikante Zusammenhänge zwischen den kognitiven Fähigkeiten und dem Cannabiskonsum der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die Effektstärke war jedoch stets gering. „Für die Mehrzahl der Konsumenten sind solche potenziellen Langzeitfolgen wahrscheinlich von fraglicher klinischer Bedeutung“, schreiben die Autoren.

Zugunsten dieser Interpretation spricht auch, dass die Einschränkungen umso geringer waren, je länger die Kiffer vor den neurokognitiven Tests abstinent gewesen waren. Lagen zwischen dem letzten Joint und den Untersuchungen 72 Stunden oder mehr, waren keine Einschränkungen mehr nachzuweisen. Anders sehe es freilich direkt nach dem Drogenkonsum aus, so die Autoren. Dass akute Cannabis­intoxikationen zu kognitiven Defiziten führten, stehe aber schließlich außer Frage.

2,5 % der THC-Dosis gehen an den Säugling

Klärungsbedarf gibt es allerdings an ganz anderer Stelle. Denn oft werde das Gehirn in sehr viel früheren Reifestadien mit der Droge konfrontiert, so berichtet das Forscherteam um Dr. Teresa Baker, Texas Tech University in Amarillo, in einer anderen Studie. Seinen Messungen zufolge nehmen Kinder von Cannabiskonsumentinnen beim Stillen 2,5 % der Dosis ihrer Mutter auf – insgesamt sind das 8 µg THC pro Kilogramm Körpergewicht. Was dies langfristig für das Kind bedeute, schreiben die Texaner Experten, sei noch völlig ungeklärt.

1. Scott JC et al. JAMA Psychiatry 2018; online first
 2. Baker T et al. Obstet Gynecol 2018; 131: 783-788