Pille, Kette oder Ball? Junge Patientinnen richtig über Verhütung aufklären

Autor: Dr. Alexandra Bischoff

Der Kupferperlenball wird in die Gebärmutter eingeführt und wirkt fünf Jahre. Der Kupferperlenball wird in die Gebärmutter eingeführt und wirkt fünf Jahre. © Dermapharm AG

Fragen rund um Sexualität und Verhütung beschäftigen die meisten Mädchen in der Pubertät. Mitunter ist hier der Hausarzt gefordert. Denn er ist in vielen Fällen für die jungen Patientinnen der erste Ansprechpartner.

Einer aktuellen deutschen Umfrage zufolge wissen viele heranwachsende Mädchen nur wenig über die „Pille“ oder mögliche Alternativen. Umso wichtiger ist deshalb eine Verhütungsaufklärung – ggf. nicht nur vonseiten des Frauenarztes, schreibt Dr. Bettina­ Böttcher­ von der Klinik für Gy­n­äkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck. Ein Beratungsgespräch sollte folgende Punkte beinhalten:

  • Kontrazeptionsmöglichkeiten und deren (Neben-)Wirkungen
  • Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten
  • ggf. Impfung gegen humane Papillomaviren­
  • Möglichkeit einer Notfallkontrazeption

Geht es darum, herauszufinden, welches Kontrazeptivum sich für eine junge Patientin eignet, ist neben der Anamnese (inkl. Familien- und Zyklusanamnese) relevant, ob außer der Verhütung noch andere Faktoren zu berücksichtigen sind (z.B. Akne, Dys- oder Hypermenorrhö). Zudem sollte man fragen, ob die Patientin raucht und ob sie Medikamente einnimmt.

Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva

Die meisten Mädchen beginnen zwei bis drei Jahre nach der ersten Regelblutung mit der Einnahme der „Pille“. Orale Kombinationspräparate bestehen aus einem Östrogen- und einem Gestagenanteil und sind erhältlich mit 15–35 mg Ethinylestradiol (EE) oder dem natürlichen Östrogen Estradiolvalerat (E2)/Estradiol.

Häufige Bedenken im Hinblick auf orale Kontrazeptiva und die Evidenzlage
Bedenken
Bemerkung
„Die Pille macht dick.“Es kann zu Wassereinlagerungen und gesteigertem Appetit kommen. Das Ausmaß der Gewichtszunahme ist abhängig von Art und Menge des enthaltenen Gestagens, i.d.R. liegt diese aber nicht über 3 kg.
„Die Pille verursacht Krebs.“Das Risiko für ein Zervixkarzinom (meist in Kombination mit HPV-Infektion oder Nikotinabusus) ist im Vergleich zu Nichtanwenderinnen erhöht. Dieser Zusammenhang besteht ggf. auch in abgeschwächter Form für das Mammakarzinom. Dagegen vermindert die Einnahme der „Pille“ das Risiko für Kolon-, Endometrium- und Ovarialkarzinome deutlich.
„Die Pille erhöht das
Risiko für Thrombosen.“
Kombinationspräparate sind mit einem erhöhten Thrombose- und Lungenembolierisiko assoziiert, bei erwachsenen Frauen um den Faktor 4–6. Das Risiko ist je nach enthaltenem Gestagen höher oder niedriger.
„Die Pille erschwert Schwangerschaften auch über die Pillen­einnahme hinaus.“Die Sorge, dass man nach Einnahme der Pille nicht schwanger werden kann, wird durch die Datenlage nicht bestätigt. Der Eindruck kann jedoch entstehen, wenn bestehende Zyklus­unregelmäßigkeiten durch die Pilleneinnahme nicht zum Vorschein kamen und sich erst nach Absetzen bemerkbar machen.
„Die Pille macht
depressiv.
Der Hinweis auf Depressionen und ein erhöhtes Suizidrisiko ist inzwischen im Beipackzettel kombinierter Präparate zu finden. Auch unter reinen Gestagenpräparaten kann es hierzu kommen. Daher ist es wichtig, die Patientinnen über Symptome und Anzeichen einer Depression zu informieren.

Hormon­spirale insbesondere bei Dysmenorrhö eine Option

Während für die Knochengesundheit ein Kombinationspräparat mit der EE-Dosis 30 mg sinnvoll ist, kann der Gestagenanteil entsprechend dem nicht-kontrazeptiven Benefit (z.B. Verbesserung des Hautbilds) gewählt werden. Eine kontinuierliche Anwendung im Langzyklus ist möglich (z.B. bei Dysmenorrhö oder zyklusabhängiger Migräne ohne Aura).  

Vaginaler Ring und Pflaster sind Alternativen für Mädchen, die nicht täglich an die Pilleneinnahme denken möchten. Sie eignen sich jedoch nicht, wenn eine antiandrogene Partialwirkung erwünscht ist. Der flexible Silikonring setzt täglich 15 mg EE und 120 mg Etonogestrel frei und wird nach drei Wochen von der Anwenderin entfernt. Nach einwöchiger Pause muss ein neuer Ring eingelegt werden. Eine Anwendung im Langzyklus ist möglich (off label). Das auf Oberarm, Abdomen oder Gesäß geklebte Pflaster gibt Norelgestromin und Ethinylestradiol ab und sollte wöchentlich gewechselt werden. Bei ausgeprägter Adipositas eignet es sich nicht.

Absolute Kontraindikationen für Kombinationspräparate

  • thromboembolische Erkrankungen
  • nicht therapierte arterielle Hypertonie
  • akute und chronisch progrediente Lebererkrankungen
  • Störungen der Gallensekretion
  • hämodynamisch wirksame Herzerkrankungen
  • Mamma- und Endometriumkarzinome

Reine Gestagenpräparate

Aufgrund der möglichen androgenen Partialwirkung werden reine Gestagenpräparate wie die östrogenfreie Pille oder ein subdermales Hormonimplantat von jungen Mädchen häufig abgelehnt. Das Implantat eignet sich als Langzeitverhütungsmittel vor allem für Mädchen, denen es schwerfällt, täglich an die Pilleneinnahme zu denken. Insbesondere bei Dysmenorrhö ist die Hormon­spirale eine Option. Inzwischen gibt es auch kleinere Modelle, die für junge Patientinnen infrage kommen. Allerdings kann es unter der Anwendung zu Zwischenblutungen kommen, weshalb die Behandlung häufig abgebrochen wird. Die Dreimonatsspritze wird wegen des negativen Effekts auf die Knochendichte nur in Ausnahmefällen empfohlen.

Langzeitverhütung ohne Hormone

Nicht-hormonelle Langzeitverhütungsmittel wie Kupferkette,-ball oder -spirale (mit oder ohne Goldkern) sind vor allem bei Kontraindikationen gegen Hormonpräparate sinnvoll. Auch diese gibt es in verschiedenen Größen, sodass sie sich auch für junge Frauen eignen. Die Liegedauer beträgt drei bis fünf Jahre. Bei allen Präparaten besteht das Risiko einer Expulsion. Bei starken Blutungen und Regelschmerzen werden sie eher nicht empfohlen. Von natürlicher Verhütung und dem Diaphragma abraten Zum Schutz vor sexuell übertragbaren Erkrankungen sollte prinzipiell das Kondom zusätzlich zu den genannten hormonellen und nicht-hormonellen Verhütungsmethoden empfohlen werden. Von anderen nicht-hormonellen Verhütungsmethoden wie Diaphragma oder natürlicher Verhütung (z.B. mittels Temperaturmethode) sollte man jungen Mädchen abraten.

Quelle: Böttcher B. Monatsschr Kinderheilkd 2019; 167: 1121-1129; DOI: 10.1007/s00112-019-00775-0