Rechtswidrige Zuweisung? Apothekerin wirft Kollegen und Hausärzten unzulässiges Einlösen von Rezepten vor
Angesichts des laufenden Verfahrens hält sich die Pharmazeutin mit Auskünften zum Sachverhalt zurück. Sie verweist jedoch auf einen Bericht von „Apotheke ad-hoc“. Danach verlangt die Apothekerin „Auskunft“ über mögliche rechtswidrige Kooperationen zwischen den Beteiligten. Außerdem will sie eine künftige Unterlassung dieser aus ihrer Sicht wettbewerbswidrigen Praxis erwirken.
Zeugen sprechen von Sammelbox und Botendienst
Wie der Online-Nachrichtendienst meldet, vermutet Daly, dass die Ärzte vor allem ertragreiche Folgerezepte an der Lenne-Apotheke vorbei in die andere Offizin am Ort schleusten. Die Verdächtigten bestreiten die Vorwürfe und erklären, dass Patienten dies so wünschten. Der Apotheken-Kontrahent nennt es „tolerierte Praxis“. Eine Patientin soll allerdings berichtet haben, sie sei vom Botendienst der anderen Apotheke beliefert worden, obwohl sie um ein Einlösen eines Rezepts bei der Lenne-Apotheke gebeten habe. Ein weiterer Zeuge soll von einer kleinen Box in einer der Praxen berichtet haben, in der Rezepte für die alteingesessene Apotheke gesammelt wurden.
Ob tatsächlich eine rechtswidrige Kooperation vorliegt, wird die Gerichtsverhandlung zeigen. Die Urteilsverkündung ist für den 14. September geplant. Eine Mediation lehnte die Apothekerin ab. Wie sie gegenüber Medical Tribune sagte, habe sie vor der Klage „mit netten Worten“ und mithilfe von Apotheker- und Ärztekammer versucht, die Lage zu klären. „Aber das Problem besteht immer noch.“
Nach Aussage von Beate Bahner, Fachanwältin für Medizinrecht, kommt es immer wieder vor, dass Arztpraxen ihren Patienten bestimmte Apotheken empfehlen oder gar die Rezepte unmittelbar telefonisch oder per Telefax an eine konkrete Apotheke weiterleiten. Das sei jedoch aus rechtlicher Sicht kritisch, sagt die Heidelberger Juristin ohne den eingangs geschilderten Fall zu bewerten. So verbiete § 11 Apothekengesetz Apothekern und ihrem Personal, mit Ärzten Rechtsgeschäfte vorzunehmen oder Absprachen zu treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben.
Der Verstoß stelle eine Ordnungswidrigkeit dar. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen im Juni 2016 könnten Ärzte und Apotheker für eine solche Verhaltensweise auch strafrechtlich belangt werden, mahnt die Juristin: „Die damit verbundenen Konsequenzen eines möglichen Entzugs der Zulassung oder gar der ärztlichen Approbation sind so gravierend, dass Ärzte und Apotheker diese Risiken in keinem Fall in Kauf nehmen sollten.“
Die Vorschriften des § 299a StGB (Bestechlichkeit) verbieten Ärzten u.a., dass sie bei der Zuführung von Patienten den Apotheker unlauter bevorzugen. § 299b stellt die Bestechung unter Strafe, falls Apotheker Ärzten Vorteile anbieten.
Bis zu fünf Jahre Haft bei gewerbsmäßigem Handeln
§ 300 StGB sieht sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor, wenn es sich um einen schweren Fall handelt. Der liegt i.d.R. vor, wenn sich die Tat auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder der Täter gewerbsmäßig handelt. „Eine regelmäßige rechtswidrige Zuweisung von Rezepten an bestimmte Apotheken dürfte unter die Verschärfung der Strafbarkeit nach § 300 StGB fallen“, so Bahner. Vorausgesetzt, die Ärzte fordern für die Rezeptzuweisung an bestimmte Apotheken einen Vorteil für sich oder Dritte. Heikel sei ferner ein Verstoß gegen das Berufsrecht der Ärzte. So verbietet z.B. § 31 Abs. 2 Musterberufsordnung u.a., Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken zu verweisen oder diese zu empfehlen.