Adnexitis
Unter einer Adnexitis versteht man eine meist aszendierende Infektion, die zu Endometritis, Salpingitis, Parametritis, Oophoritis, Peritonitis und ggf. zu tubo-ovarialen oder Douglasabszessen führen kann.
Die häufigsten spezifische Erreger sind Chlamydia trachomatis und (seltener) Neisseria gonorrhoeae, die zusammen etwa 25 bis 50 % der Fälle ausmachen. Grundsätzlich können aber alle in der Vagina vorkommenden Keime beteiligt sein (z.B. Gardnerella vaginalis, Haemophilus influenzae, Streptococcus agalactiae und Anaerobier). Häufig lassen sich mehrere Keime nachweisen – in circa 30 % der Fälle aber auch gar keine.
Mögliche Risikofaktoren sind:
Sexualanamnese:
- jugendliches Alter (15 bis 25 Jahre)
- multiple Partner
- aktuell neuer Partner
- sexuell übertragbare Erkrankungen in der Anamnese (auch des Partners)
Mechanische Faktoren:
- Schwangerschaftsabbruch
- Einsetzen einer Spirale in den letzten sechs Wochen
- Hysterosalpingograpie
- In vitro Fertilisation
Sonstige Faktoren:
- Rauchen
- HIV-Infektion
- bakterielle Vaginose
Mögliche Folgen der Adnexitis sind Sterilität (bis zu 20 % der Chlamydieninfektionen), Extrauteringraviditäten (1–9 % der Chlamydieninfektionen) und chronische Unterbauchschmerzen (um die 20 % nach Chlamydieninfektionen).
Typische Symptome sind:
- Unterbauchschmerzen (typischerweise beidseitig)
- Dyspareunie
- abnormale Blutung (auch postkoital)
- abnormaler Ausfluss (typischerweise eitrig)
- evtl. zusätzliche Schmerzen im rechten Oberbauch bei Perihepatitis (Fitz-Hugh-Curtis-Syndrom, 5-15 % der Fälle)
Häufig verläuft die Adnexitis auch asymptomatisch, was zu einer weiteren Verbreitung beitragen und zur Sterilität führen kann.
Typische Untersuchungsbefunde sind:
- schmerzhafte Palpation bzw. Abwehrspannung im Unterbauch
- schmerzhafte vaginale Adnexpalpation
- Portio-Schiebe-Schmerz
- Fieber (> 38 °C)
Klinische Zeichen haben eine relativ schlechte Sensitivität und Spezifität.
Es sollte immer ein Zervixabstrich zum Nachweis von Chlamydien und Gonokokken erfolgen – ein negatives Ergebnis schließt eine bakterielle Adnexitis aber nicht aus.
Eine fehlende Leukozytose im Nativpräparat lässt eine bakterielle Adnexitis dagegen sehr unwahrscheinlich erscheinen (negativer prädiktiver Wert 95 %). Der positive Nachweis einer Leukozytose ist dagegen aber sehr unspezifisch (positiver prädiktiver Wert 17 %).
Entzündungszeichen im Blut (Leukozytose, BSG- und CRP-Erhöhung) können die Diagnose unterstützen, sind aber ebenfalls sehr unspezifisch. In schwereren Fällen ohne Erregernachweis kann eine diagnostische Laparoskopie erforderlich sein. Dabei sollten Abstriche (auch für Kulturen) direkt von den Tuben/Fimbrien genommen werden. Auch die Laparaskopie kann aber falsch negativ sein – z.B. wenn nur eine Endometritis vorliegt.
Wichtige Differenzialdiagnosen sind:
- Extrauteringravidität
- Appendizitis
- Endometriose
- Komplizierte Ovarialzyste (Ruptur, Torsion)
- Harnwegsinfektionen
- funktionelle Beschwerden
Es sollte so früh wie möglich eine Therapie mit einem Breitspektrum-Antibiotikum erfolgen, das Chlamydia trachomatis, Neisseria gonorrhoeae und weitere aerobe und anaerobe Keime aus der Vagina abdeckt.
Je früher die Therapie begonnen wird, desto geringer ist das Risiko für eine Sterilität. Die Wahl des Antibiotikums richtet sich dabei u.a. nach der regionalen Resistenz-Situation, Ausprägung und Symptomatik der Erkrankung, Patientenpräferenz und zu erwartender Compliance.
Mögliche Therapieschemata bei leichten bis mäßigen Formen:
- Ceftriaxon, gefolgt von Doxycyclin
- Moxifloxacin
- Amoxicillin/Clavulansäure plus Doxycyclin
Alle drei Schemata können zusätzlich mit Metronidazol kombiniert werden, um eine bessere Wirksamkeit gegen Anaerober zu erreichen. Doxycyclin kann auch durch Azithromycin ersetzt werden.
Therapieschemata bei schweren Formen:
- Ceftriaxon (i.v.) plus Metronidazol plus Doxycyclin
- Piperacillin/Tazobactam (i.v.) plus Doxycyclin
Nach 72 Stunden sollte eine Re-Evaluation der Patientin vorgenommen werden, um bei mangelndem Ansprechen das Prozedere zu überdenken. Bei nicht ausreichender Besserung müssen unter Umständen eine Umstellung der Antibiose, stationäre Therapie, Laparoskopie und mögliche Differentialdiagnosen in Erwägung gezogen werden.
Grundsätzlich ist eine Partneruntersuchung (Sexualpartner in den letzten 60 Tagen vor Symptombeginn) und ggf. Therapie erforderlich. Ist eine Testung nicht möglich, sollte auch ohne Labornachweis eine Therapie erfolgen.
Die Patientinnen müssen darüber aufgeklärt werden, dass während einer laufenden Behandlung sexuelle Kontakte vermieden werden müssen, denn das Risiko einer Reinfektion ist hoch.
Zur Prävention tragen bei:
- Beratung und Aufklärung vor allem von Jugendlichen hinsichtlich sexuell übertragbarer Erkrankungen (z.B. Kondomgebrauch)
- Angebot des Chlamydien-Screenings bei unter 25-Jährigen
- Wachsamkeit bezüglich z.T. milder Symptomatik und zügige Therapie bei Verdacht
- konsequente Partnerbehandlung
S2k-Leitlinie Infektionen mit Chlamydia trachomatis
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