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Bei Insomnie wirkt kognitive Verhaltenstherapie auf Dauer besser als Hypnotika

Obwohl der Sprössling bereits seit Jahren durchschläft, leidet seine Mutter weiterhin unter einem gestörten Nachtschlaf – ein typisches Beispiel für die Chronifizierung einer Insomnie. Schlafstörungen sind ein häufiges Problem, das überwiegend Frauen und ältere Personen betrifft. Schätzungsweise ein Drittel der erwachsenen Patienten im hausärztlichen Setting leidet unter Ein- oder Durchschlafstörungen bzw. Früherwachen.
Viele Ältere sprechen das Problem nicht von sich aus an
Insomnie kann entweder als eigenständige Krankheit oder als Begleitsymptom z.B. im Rahmen von internistischen oder neurologischen Erkrankungen auftreten. Komorbiditäten wie Depression und Angststörung sind keine Seltenheit. Schlechte Qualität und Quantität des Schlafs gelten zudem als Risikofaktor für Adipositas, Hypertonie und zerebrovaskuläre Erkrankungen.
Eine akute Insomnie (< 3 Monate) entsteht meist aufgrund psychologischer Stressoren, wie Problemen am Arbeitsplatz, körperlichen Beschwerden bzw. Schmerzen oder Umweltfaktoren (z.B. Lärm). In der Regel ist die Schlaflosigkeit vorübergehend und daher nicht therapiebedürftig. Prädisponierende Faktoren wie Genetik, Persönlichkeit oder erhöhtes Erregungsniveau scheinen dabei eine wesentliche Rolle zu spielen.
Obwohl die Auslöser wegfallen, persistieren bei etwa zwei Drittel der Betroffenen die Schlafstörungen. Grund dafür: Sie werden durch schlafbehindernde Gedanken sowie die Angst vor einer weiteren schlaflosen Nacht und deren Folgen für den nächsten Tag aufrechterhalten. Meist sind die Betroffenen körperlich und psychisch angespannt und zeigen ein dysfunktionales Schlaf-Wach-Verhalten – sie bleiben beispielsweise länger im Bett liegen, legen sich tagsüber hin oder versuchen, am Wochenende Schlaf nachzuholen.
Bei vielen Patienten führt die Müdigkeit dazu, dass sie sich tagsüber schonen, statt durch eine aktive Tagesgestaltung den zirkadianen Rhythmus und somit ihren Nachtschlaf zu verbessern. Eine chronische Insomnie (> 3 Monate) erfordert in jedem Fall eine Behandlung. Erste Anlaufstelle ist für viele Betroffene der Hausarzt. Gleichzeitig sollten Sie insbesondere ältere Patienten regelmäßig gezielt nach der Schlafqualität fragen, da sie es oft nicht von sich aus ansprechen.
Eine ausführliche Anamnese (inklusive Schlafanamnese) und die körperliche Untersuchung können bereits für die Diagnose genügen. Mittels Labortests (unter anderem TSH, Hämoglobin, Ferritin + CRP, Leberwerte) lassen sich die häufigsten internistischen Ursachen ausschließen. Eine nächtliche Pulsoxymetrie kann bei Patienten mit potenzieller Schlafapnoe sinnvoll sein.
Besteht der Verdacht auf eine zirkadiane Rhythmusstörung oder assoziierte Schlafstörung, sollte ein Schlafspezialist hinzugezogen werden. Oft ist im Fall von Komorbiditäten (s. Kasten) eine interdisziplinäre Abklärung erforderlich, da es für das weitere therapeutische Vorgehen entscheidend ist, ob es sich bei der Schlafstörung um ein Symptom oder ein eigenständiges Syndrom handelt. Für Erwachsene empfehlen die Leitlinien als Therapie der Wahl eine kognitive Verhaltenstherapie. Die speziell für Insomnie entwickelte „cognitive behavioral therapy for insomnia“ (CBT-I) gibt es bereits seit über 20 Jahren.
Die wichtigsten Komorbiditäten
- psychiatrisch: Depression, bipolare Störung, Schizophrenie, generalisierte Angststörung, Panikstörung, PTBS
- neurologisch: neurodegenerative Erkrankungen (Parkinson, Alzheimer), Multiple Sklerose, zerebrovaskuläre Erkrankungen, Hirntraumata, Restless-legs-Syndrom
- weitere: chronische Schmerzen, Rheuma-Erkrankungen, Stoffwechselkrankheiten (v.a. Diabetes mellitus), chronische Nierenleiden, chronische Infektionskrankheiten (HIV, Hepatitis), Substanz- und Medikamentengebrauch
Die webbasierte Variante funktioniert auch
Obwohl sie Hypnotika hinsichtlich Langzeitwirkung und Sicherheit überlegen ist, findet sie in der Praxis kaum Beachtung, kritisieren Dr. Micheline Maire vom Berner Institut für Hausarztmedizin und Kollegen. Eine Behandlung umfasst in der Regel 4–8 Sitzungen im Einzel- bzw. Gruppensetting und wirkt sich positiv auf Einschlaflatenz, nächtliche Wachzeit, Schlafeffizienz sowie totale Schlafzeit aus. Die neueste webbasierte Variante ist der Face-to-Face-Option zwar leicht unterlegen, erzielte aber auch gute Ergebnisse. Allerdings ist es wichtig, den Patienten im Vorfeld über die erforderliche Adhärenz sowie den Zeitaufwand und den verzögerten Wirkungseintritt aufzuklären, betonen die Experten. Z-Substanzen (z.B. Zolpidem, Zopiclon) oder sedierende Antidepressiva (z.B. Mirtazapin, Trazodon) sollten dagegen nur als Kurzzeittherapie (maximal vier Wochen) verordnet werden, falls die CBT-I keine Wirkung zeigt oder nicht verfügbar ist. Generell sind die Wirkstoffe mit der geringsten Halbwertszeit zu bevorzugen.Quelle: Maire M et al. Swiss Med Forum 2019; 19: 292-298; doi: doi.org/10.4414/smf.2019.08080
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