Eosinophiler Gedächtnisverlust: Nasenpolypen und Asthma brachten seltene Erkrankung ans Licht

Dr. Alexandra Bischoff

Zunächst sind nur die Atemwege betroffen, dann machen sich die Immunzellen über die Blutgefäße her. Zunächst sind nur die Atemwege betroffen, dann machen sich die Immunzellen über die Blutgefäße her. © wikimedia/Nephron

Gedächtnislücken, Desorientierung und Parästhesien ließen einen Schlaganfall vermuten. Eine Hypereosinophilie mit Asthma in der Vorgeschichte zeigte schließlich, was tatsächlich dahintersteckte.

Mit Verdacht auf einen Schlaganfall wurde eine 62-Jährige in die Notaufnahme des Universitätsspitals Lausanne eingewiesen. Nach einem Nickerchen waren bei ihr eine räumliche Desorientierung und eine anterograde sowie retrograde Amnesie aufgetreten. Zudem litt die Frau seit einiger Zeit an Parästhesien der oberen Extremität, die nach einer Nasenpolypen-OP aufgetreten waren. Anamnestisch war ein Widal-Syndrom bestehend aus Asthma, Nasenpolypen und ASS-Unverträglichkeit sowie eine leichte Eosinophilie (1 G/l) bekannt. Ihre übergeordneten Funktionen waren erhalten.

Unbehandelte Vaskulitis führt in 50 % der Fälle zum Tod

Das Schädel-MRT zeigte multiple Schlaganfälle in beiden Gehirnhälften. Das EEG bestätigte die Vermutung eines epileptischen Geschehens. Im Labor fanden sich erhöhte Entzündungsparameter, ein positiver Troponinwert (1700 ng/l) und eine Hypereosinophilie (4,82 G/l), im Stuhl konnten jedoch keine Parasiten nachgewiesen werden. Im Kardio-MRT fiel eine inferiore Hypokinesie mit einer nekrotischen/entzündlichen subendokardialen Läsion und einem Myokardödem auf. Giancarlo­ Spano­ von der Klinik für Kardiologie am Inselspital Bern und seine Kollegen stellten infolge des klinischen Erscheinungsbilds und der Untersuchungsergebnisse zusammen mit der Vorgeschichte (Hyper­eosinophilie, Asthma und Nasenpolypen) die Diagnose einer eosinophilen Granulomatose mit Polyangitis.

Die früher Churg-Strauss-Syndrom genannte Erkrankung tritt bei nur 11 von 1 Mio. Einwohnern auf und zählt zu den ANCA*-assoziierten Vaskulitiden. Sie zeichnet sich durch chronische Rhinosinusitis, Asthma bronchiale und Hypereosinophilie (> 1,5 G/l) aus und endet unbehandelt in 50 % der Fälle tödlich. Im Mittel sind die Betroffenen 40 Jahre alt. Durchschnittlich 40 % sind ANCA­-positiv und leiden überwiegend an Vaskulitiden der kleinen Gefäße mit Polyneuropathien oder Glomerulonephritiden.

Vier aus sechs müssen es sein

Für die Diagnose müssen vier der sechs Kriterien des „American College of Rheumatology“ zutreffen:
  • Asthma
  • Eosinophilie > 10 %
  • Neuropathie
  • Lungeninfiltrate
  • Anomalien der Nasenneben­höhlen
  • bioptisch nachgewiesene eosinophile Gewebsinfiltrationen

Im Gegensatz dazu kommt es bei ANCA-negativen Patienten gehäuft zu eosinophilen Gewebeinfiltrationen mit Herz-, Lungen- oder gastrointestinalen Beschwerden, aber auch Haut, Niere und Nervensystem können betroffen sein. Die systemische Erkrankung idiopathischer Genese verläuft meist in drei Phasen:
  • Prodromalphase mit Asthma (> 90 % der Fälle) und Allgemeinsymptomen
  • eosinophile Phase mit einer peripheren Hypereosinophilie
  • klinische Phase mit Organschäden durch Vaskulitiden oder eosinophilen Gewebeinfiltrationen
Die Standardtherapie besteht aus hoch dosierten Kortikosteroiden. Zusätzlich sollte eine kortisonsparende immunmodulierende Behandlung erfolgen, Mittel der Wahl ist laut den Autoren Cyclophosphamid. Die Patientin erhielt eine antiepileptische Therapie, Immunsuppressiva sowie einen Thrombozytenaggregationshemmer.

* anti-neutrophile cytoplasmatische Antikörper

Quelle: Spano G et al. Swiss Med Forum 2018; 18: 109-113

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