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Status epilepticus früh mit Benzodiazepinen unterbrechen

Der Status epilepticus kann sich entweder als prolongierter epileptischer Anfall oder als in kurzer Folge rezidivierende Anfälle ohne zwischenzeitliche neurologische Erholung präsentieren. Die Mortalität liegt bei 20 %, sodass entschlossenes Handeln schon in der Prähospitalphase notwendig ist, sagte Privatdozent Dr. Joachim Scheßl, Karlsruhe. Das große Problem dabei: Rund jeder zweite Status wird vom Rettungspersonal gar nicht erkannt. In den meisten Fällen vermutlich deshalb, weil es sich nicht um einen tonisch-klonischen Anfall handelt, sagte der Neurologe.
In der Prähospitalphase sollte man nach Sicherstellung der Vitalparameter versuchen, möglichst sofort einen i.v. Zugang für die weitere Therapie zu legen. Bei Verdacht auf einen alkoholassoziierten Status epilepticus ist sofort Thiamin indiziert, erklärte Dr. Schessl. Einer Hypoglykämie sollte man mit 40%iger Glukose i.v. begegnen.
Lorazepam i.v. ist Mittel der ersten Wahl
Zur antikonvulsiven First-Line-Therapie riet der Kollege zu Benzodiazepinen, wobei intravenöses Lorazepam (2–4 mg, ggf. nach 5 min. wiederholen) aufgrund der schnellen Wirkung und hohen Effektivität das Mittel der Wahl darstellt. Allerdings muss Lorazepam gekühlt werden und ist in vielen Rettungswagen daher nicht vorrätig, sagte Dr. Schessl. Außerdem kann die i.v. Gabe am fehlenden Zugang scheitern, der sich bei krampfenden Patienten oft nur schwer legen lässt. Diese Verzögerung führt zu einem nicht tolerierbaren Zeitverlust, warnte der Kollege.
Datenlage zur Zweitlinien- Therapie spärlich
Alternativen nannte er jedoch einige. So bietet sich etwa die intramuskuläre Injektion von Midazolam an, auch wenn der häufig in den USA eingesetzte Autoinjektor für Deutschland noch nicht zur Verfügung steht. Intranasales Midazolam (0,2 mg/kg, max. 10 mg) gehöre dagegen fast schon zur Standardausrüstung im Rettungswagen. Dr. Schessl betonte allerdings, dass die Äquivalenz zu Lorazepam i.v. nicht sicher belegt ist. Zu den weiteren Behandlungsoptionen gehören:
- Diazepam i.v. (0,15–0,2 mg/kgKG, max. 10 mg, ggf. nach 5 min. wiederholen),
- Clonazepam i.v.,
- Diazepam rektal,
- Midazolam bukkal sowie
- in speziellen Situationen ein intraossärer Zugang.
Ist der Status trotz ausreichend dosierter Benzodiazepingabe noch nicht durchbrochen, kann in der Klinik ein Versuch mit Zweitlinien-Therapeutika gemacht werden, erklärte Professor Dr. Felix Rosenow, Frankfurt am Main. Die Datenlage dazu ist aber deutlich spärlicher als bei den Benzos. Die beste Evidenz liegt für Valproinsäure und das Phenobarbital vor.
In den europäischen Leitlinien werden als Mittel der Wahl Fosphenytoin, Levetiracetam und Valproinsäure genannt. Fosphenytoin ist in Deutschland zur Therapie des Status epilepticus zwar zugelassen, aber nicht erhältlich. Für Levetiracetam fehlt hierzulande die Zulassung, genauso für Brivaracetam und Lacosamid. Phenobarbital wird aufgrund der schlechteren Verträglichkeit nur als letzte Option empfohlen.
Bei einem tonisch-klonischen Status epilepticus sollte man es bei einem der genannten Therapieversuche belassen und anschließend eine Intubation mit nachfolgender Vollnarkose einleiten, erklärte Prof. Rosenow. In der Therapie eines nicht-konvulsiven Status hat man etwas mehr Zeit und kann evtl. in einer zweiten Schleife noch etwas „rumprobieren“, führte der Neurologe aus.
Refraktär ist ein Status, wenn er sich durch zwei verschiedene Antikonvulsiva nicht unterbrechen lässt, erklärte Dr. Dominik Madzar, Universitätsklinikum Erlangen. Unabhängig von der Dauer. Dies ist bei etwa der Hälfte der Patienten der Fall und die Mortalität ist dann deutlich erhöht.
Je länger der Anfall dauert, umso größer ist das Risiko, dass man ihn medikamentös nicht beenden kann. Grund ist die Erschöpfung anfallssupprimierender Faktoren, erklärte der Neurologe. Dadurch greifen sogar Antikonvulsiva nicht mehr. Fehler in der Initialtherapie – insbesondere die häufig zu niedrig dosierten Benzodiazepine – lassen sich dann kaum wieder gutmachen.
Kongressbericht: Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin 2019
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