Vierte Wirkstoffklasse beim multiplen Myelom?

Dr. Miriam Sonnet

Trotz Therapieabbruch befinden sich fast 30 % der Patienten im Follow-up für Langzeitüberleben. Trotz Therapieabbruch befinden sich fast 30 % der Patienten im Follow-up für Langzeitüberleben. © iStock/spawns

Für Patienten mit mehrfach refraktärem multiplem Myelom gibt es möglicherweise eine neue Therapieoption. Etwa ein Viertel der Teilnehmer einer Phase-IIb-Studie sprach auf die Behandlung mit einem Exportin1-Inhibitor an.

Trotz vielfältiger Therapiemöglichkeiten erleiden zahlreiche Patienten mit multiplem Myelom einen Rückfall oder sie werden gegenüber der Behandlung refraktär. Bei vielen Betroffenen liegt sogar eine „triple class“ refraktäre Erkrankung vor, d.h. sie sprechen nicht ausreichend auf Proteasominhibitoren, immunmodulierende Substanzen und monoklonale Antikörper an.

Eine neue Substanz könnte diesen Patienten weitere Optionen eröffnen. Die Autoren um Dr. Ajai Chari, Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, testeten in einer Phase-IIb-Studie ­Selinexor, einen Exportin1-Inhibitor. Die 123 eingeschlossenen Patienten litten unter einem multiplen Myelom und waren mit zahlreichen Medikamenten vorbehandelt worden. Sie erhielten 80 mg Selinexor plus 20 mg Dexamethason wöchentlich an den Tagen 1 und 3 in vierwöchigen Zyklen.

83 Patienten hatten ein penta-­refraktäres Myelom und 96 % waren refraktär gegenüber Carfilzomib, Pomalidomid und Daratumumab. Im Median hatten die Studienteilnehmer bereits sieben vorangegangene Therapien erhalten.

Gut ein Viertel spricht auf die Therapie an

118 der 123 Teilnehmer (96 %) brachen die Therapie aufgrund einer Krankheitsprogression, Nebenwirkungen oder anderen Gründen ab. Zum letzten Follow-up-Termin waren fünf Patienten (4 %) in Therapie verblieben. 34 (28 %) hatten die Behandlung zwar abgebrochen, wurden aber in das Follow-up für Langzeitüberleben aufgenommen.

26 % der Teilnehmer sprachen partiell oder besser auf die Therapie an (95%-KI 19–35). Darunter gab es zwei stringente komplette, sechs sehr gute partielle und 24 partielle Ansprechen. Damit war der primäre Endpunkt, das allgemeine Ansprechen, erreicht. Zudem war die Erkrankung bei 48 Patienten (39 %) stabil, während sie bei 26 Personen (21 %) voranschritt oder bzgl. des Ansprechens nicht ausgewertet werden konnte. Im Median betrug die Dauer des Ansprechens 4,4 Monate (95%-KI 3,7–10,8), das progressionsfreie Überleben 3,7 Monate (95%-KI 3–5,3) und das Gesamt­überleben (OS) 8,6 Monate (95%-KI 6,2–11,3). Die Autoren weisen darauf hin, dass Patienten mit mindestens einem partiellen Ansprechen oder wenigs­tens minimalem Ansprechen ein medianes OS von 15,6 Monaten erreichten.

Es kam zu zwei therapiebedingten Todesfällen

Die häufigsten Nebenwirkungen waren Thrombozytopenien (73 %), Fatigue (73 %), Nausea (72 %) und Anämien (67 %). Schwerwiegende Nebenwirkungen traten bei 63 % der Patienten auf und umfassten Pneumonien (11 %) und Sepsis (9 %). 28 Teilnehmer starben während der Studie, davon 16 aufgrund einer Krankheitsprogression und zwölf durch eine Nebenwirkung. Zwei dieser Todesfälle durch Nebenwirkungen bewerten die Wissenschaftler als Folge der Medikation.

Patientenkollektiv war besonders komplex

Das Fazit der Autoren: Mit der Kombination aus Selinexor und Dexamethason spricht gut ein Viertel der Studienteilnehmer mit refraktären Myelomen auf die Therapie an. Die Ergebnisse seien aus mehreren Gründen bedeutend: Auch Patienten mit einer verminderten Nierenfunktion, Thrombozytopenien und Neutropenien wurden in die Studie aufgenommen. Diese waren stark vorbehandelt, mit einem Median von sieben vorangegangen Therapieregimen. Die Teilnehmer hatten außerdem ein schnell voranschreitendes Myelom mit einem 22%igen Zuwachs der Krankheitslast innerhalb der zwölf Tage zwischen Screening bis zur initialen Therapie.

Quelle: Chari A et al. N Engl J Med 2019; 381: 727-738; DOI: 10.1056/NEJMoa1903455

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Trotz Therapieabbruch befinden sich fast 30 % der Patienten im Follow-up für Langzeitüberleben. Trotz Therapieabbruch befinden sich fast 30 % der Patienten im Follow-up für Langzeitüberleben. © iStock/spawns