Alter Induktionsstandard bleibt für das multiple Myelom bestehen

Josef Gulden

Die malignen Plasmazellen können im Knochenmark die Produktion normaler Blutzellen stören. Die malignen Plasmazellen können im Knochenmark die Produktion normaler Blutzellen stören. © Science Photo Library/Oto, Evan

Die Therapieoptimierung beim multiplen Myelom ist beeindruckend, auch wenn die Mehrzahl der Patienten weiterhin nicht geheilt werden kann. Dazu zählt auch die Therapie mit einer auf Bortezomib basierenden Dreierkombination. Carfilzomib wird dem Proteasomhemmer wohl erst einmal nicht den Rang streitig machen.

Bortezomib hat als erster klinisch eingesetzter Proteasominhibitor die Therapie des multiplen Myeloms auf eine neue Grundlage gestellt. Durch die subkutane Anwendung wurde später die Verträglichkeit verbessert und insbesondere das Neuropathierisiko vermindert. In Kombination mit Lenalidomid/Dexamethason (VRd) konnte er das progressionsfreie Überleben gegenüber dieser Doublette auf mehr als dreieinhalb Jahre sowie das Gesamtüberleben auf über sechs Jahre verlängern. Seither ist VRd ein Standard für die Induktionstherapie des neu diagnostizierten Myeloms.

Direkter Vergleich von VRd und KRd

Jüngere und fitte Patienten mit neu diagnostiziertem Myelom erhalten in der Regel eine autologe Stammzelltransplantation, die übrigen werden initial meist mit der Dreierkombination aus dem Proteasominhibitor Bortezomib, dem Immunmodulator Lenalidomid und dem niedrig dosierten Kortikosteroid Dexamethason behandelt.

Da Carfilzomib, ein Proteasominhibitor der zweiten Generation, in einigen Indikationen Bortezomib überlegen war, wurde die Kombination aus Carfilzomib, Lenalidomid und Dexamethason (KRd) in der Phase-3-Studie ENDURANCE direkt und randomisiert gegen VRd getestet. Die ersten Ergebnisse dieser Studie wurden nun von Professor Dr. Shaji Kumar von der Mayo Clinic in Rochester vorgestellt.

Frühere Ergebnisse sprachen für Carfilzomib

In der ENDEAVOR-Studie hat die Kombination Carfilzomib/Dexamethason in der rezidivierten/refraktären Situation das progressionsfreie Überleben gegenüber Bortezomib/Dexamethason verdoppelt. In einer Metaanalyse von vier Phase-2-Studien hatte das Triplett Carfilzomib/Lenalidomid/Dexamethason auch in der Erstlinie hohe Raten von qualitativ hochwertigen und lang andauernden Remissionen bewirkt.

Ebenbürtig, aber nicht besser als Bortezomib

Ein primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben nach der Induktionstherapie. Dabei war der statistische Plan auf Überlegenheit statt auf Nicht-Unterlegenheit ausgelegt, betonte der Referent. Wider Erwarten erwies sich ENDURANCE in der zweiten Interimsanalyse als negative Studie, denn nach median 15 Monaten war KRd mit median 34,6 Monaten dem alten Standard VRd mit 34,4 Monaten nur ebenbürtig (HR 1,04; p = 0,742). Für Patienten im Alter von ≥ 70 Jahren war VRd mit einer Differenz von median 37 Monaten vs. 28 Monate sogar tendenziell überlegen (HR 1,29; 95%-KI 0,86–1,94). Auch Patienten mit normaler Zytogenetik schienen unter VRd einen leichten Vorteil zu haben (HR 1,35; 95%-KI 0,99–1,84), während solche mit zytogenetischen Anomalien leicht von KRd profitieren könnten (HR 0,75; 95%-KI 0,50–1,15), so Prof. Kumar. Auch beim Gesamtüberleben unterschieden sich die Arme im Gesamtkollektiv nach median 29 Monaten nicht (84 % vs. 86 %). Einen geringen Vorteil brachte KRd hingegen bei der Rate an sehr guten partiellen Remissionen (55,5 % vs. 49,9 %). Die deutlichsten Unterschiede wurden bei den Nebenwirkungen registriert: Hier fand sich unter VRd eine mehr als verdoppelte Rate an peripheren Neuropathien gegenüber KRd (53,4 % vs. 24,4 %, davon 8 % vs. 0,8 % vom Grad 3), obwohl Bortezomib in der Studie nicht nur intravenös, sondern auch subkutan gegeben werden konnte. Umgekehrt wurde allerdings unter KRd deutlich häufiger Dyspnoe, ein Hypertonus, Herzinsuffizienz und akutes Nierenversagen beobachtet (16,1 % vs. 4,8 %, alle vom Grad 3–5).

Erhaltung mit Lenalidomid

Eine zweite Randomisierung erfolgte in der ENDURANCE-Studie nach Ende der Induktion, wonach die Patienten eine Erhaltungstherapie mit Lenalidomid (15 mg/d) entweder für zwei weitere Jahre oder ohne zeitliche Begrenzung bis zur Progression erhalten. Primärer Endpunkt ist hier das Gesamtüberleben, aber für den Augenblick muss die Frage nach der optimalen Dauer der Erhaltungstherapie noch offen bleiben.

Diese Ergebnisse sprechen laut dem Experten nicht dafür, in der Standard-Erstlinientherapie des nicht-transplantablen multiplen Myeloms Bortezomib derzeit durch Carfilzomib zu ersetzen. 

Quelle: Kumar S et al. J Clin Oncol 2020; 38 (suppl; abstr LBA3); DOI: 10.1200/JCO.2020.38.18_suppl. LBA3

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Die malignen Plasmazellen können im Knochenmark die Produktion normaler Blutzellen stören. Die malignen Plasmazellen können im Knochenmark die Produktion normaler Blutzellen stören. © Science Photo Library/Oto, Evan